Gemeinschaftslizenz im grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr sowie Kabotageverkehr mit Fahrzeugen über 2,5 t zulässigem Gesamtgewicht


 

Berlin, Januar 2022 | Zum 21. Februar 2022 bzw. bzw. 21. Mai 2022 treten Neuregelungen zu den Markt- und Berufszugangsverordnungen für Fahrzeugen über 2,5 t zulässigem Gesamtgewicht im grenzüberschreitenden Verkehr in Kraft. Wichtigste Neuerung ist, dass auch für diese Fahrzeuge im grenzüberschreitenden Verkehr die Gemeinschaftslizenz vorhanden sein muß. Besonders für Unternehmen, die bisher mit diesem Themenbereich kaum Berührung hatten, ist das mit erheblichem und ggfs. auch finanziellen Aufwand verbunden. Sofern diese Lizenz nicht rechtzeitig vorliegt, können diese Unternehmen in wirtschaftliche Schieflage geraten, da grenzüberschreitende Transportleistungen nicht mehr wie bisher erbracht werden können.

Der Bundesverband der Kurier-, Express-, Post-Dienste e.V. (BdKEP) hat einige wichtige Informationen zu diesem Thema zusammengestellt. Diese Zusammenstellung ist jedoch weder vollständig noch abschließend. KEP Unternehmer*innen sind gefordert, sich im Detail mit den Themengebieten zu befassen. Neben den weiter unten genannten Rechtsgrundlagen, sind abhängig vom Leistungsangebot der Unternehmen zusätzlich bspw. folgende Themengebiete relevant: Handelsgesetzbuch (HGB),SozialvorschriftenVO (EG) Nr. 561/2006 und VO (EU) Nr. 165/2014, ArbeitszeitvorschriftenRichtlinie 2002/15/EG, Maße und GewichteRichtlinie 96/53/EG, Technischer FahrzeugzustandRichtlinien 2014/45/EU und 2014/47/EU, GeschwindigkeitsbegrenzerRichtlinie 92/6/EWG, BerufskraftfahrerqualifikationRichtlinie 2003/59/EG, FahrerlaubnisrechtRichtlinie 2006/126/EG, GefahrgutrechtRichtlinie 2008/68/EG, TiertransportrechtVO (EG) Nr. 1/2005.

Der Verband empfiehlt KEP Unternehmen sich sofern noch nicht geschehen unverzüglich und umfassend mit dem Thema zu befassen sowie über die Vorgehensweise ab 21. Mai 2022 zu entscheiden. Sofern dann noch grenzüberschreitende Transporte ohne Gemeinschaftslizenz erbracht werden bzw. gegen andere Vorschriften verstoßen wird, besteht das Risiko hoher Bußgeldzahlungen und weiterer Sanktionen. Diese können den grenzüberschreitenden Geschäftsbetrieb zum Erliegen bringen.

 


 

   Achtung

Die folgenden Informationen beinhalten keinen Rechtsrat. Sie sind sorgfältig recherchiert, stellen jedoch keine Rechtsberatung dar und geben die aktuelle Lage nur auszugsweise wieder. Sie können eine den Besonderheiten des einzelnen Sachverhaltes gerecht werdende individuelle Beratung nicht ersetzen und begründen keine Haftungsansprüche. Die Angaben erfolgen ohne Gewähr.

 


 

   Fragen

 

   1. Recht

1.1    Welche Änderungen zu den Themen „Gemeinschaftslizenz“ & „zulässigem Gesamtgewicht im grenzüberschreitenden Verkehr über 2,5 Tonnen“ treten wann in Kraft?

1.2    Was bedeutet die Gemeinschaftslizenz?.

1.3    Unter welchen Bedingungen bekommen Unternehmen die Gemeinschaftslizenz?

1.4    Gibt es gesonderte verpflichtende nationale Durchführungsverordnungen oder andere Regelwerke zur Umsetzung der Verordnung?

1.5    Ist die Gemeinschaftslizenz auch für Kabotageverkehre mit Fahrzeugen ab 2,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht notwendig?

   2. Umsetzung & Erwerb

2.1    An manchen Stellen wird das Datum 21. Februar 2022 für die neuen Regelungen benannt. Was hat es damit auf sich?

2.2    Wo kann die Gemeinschaftslizenz beantragt werden?

2.3    Was ist die sogenannte „Praktikerregelung“ und wie ist der Stand der Umsetzung in Deutschland?

2.4    Wieviel Kapital muß im Rahmen der finanziellen Leistungsfähigkeit nachgewiesen werden

2.5    Sind nach dem 21.05.2022 Übergangslösungen/ -fristen vorgesehen, national oder international?

2.6    Welche Länder setzen die Verordnung bis wann um und kontrollieren ab wann?

2.7    Welche Sanktionen sind für Staaten vorgesehen, die die Einführung der Gemeinschaftslizenz ab 2,5 Tonnen nicht umsetzen?

2.8    Werden die EU-Länder es in gleicher Strenge einführen, sodass es nicht zu Wettbewerbsverzerrung kommt? Wie wird sichergestellt, dass andere Länder keine „Dumping" oder „Light"angebote zum Erwerb der EU Lizenz entwickeln?

2.9    Welches Wissen wir bei der fachlichen Eignung geprüft?

2.10   Ist eine spezielle KEP Prüfung zu erwarten?

 

    3. Praxis

3.1    Können Unternehmen ohne Gemeinschaftslizenz Nachunternehmen, die eine Gemeinschaftslizenz haben, mit der Erbringung grenzüberschreitender Transporte beauftragen?

3.2    Welche Sanktionen drohen, wenn Unternehmen vorsätzlich oder fahrlässig nach dem Inkrafttreten am 21.5.22 grenzüberschreitende Transporte mit Fahrzeugen über 2,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht ohne Gemeinschaftslizenz durchführen?

3.3    Welche anderen möglichen Ordnungswidrigkeiten und damit Sanktionen drohen im Zusammenhang mit der Gemeinschaftslizenz?

3.4    Tauschen die EU Staaten Informationen über Verstöße aus?

3.5    Wie wird mit grenzüberschreitendem Nahverkehr umgegangen?

3.6    Wer bestraft in welchem Land? - Wie wird Doppelbestrafung von Unternehmen verhindert? Gibt es bei Verstößen Meldungen an deutsche Behörden?

3.7    Kontrollieren die Staaten die inländischen Unternehmen/ Fahrer oder/ und ausländische Unternehmen?

3.8    Wie wird das Risiko eingeschätzt, das sich durch diese Vorgabe der Fahrermangel stärker auch auf die KEP Branche (selbstfahrende Unternehmer) überträgt?

3.9    Wieviel Fahrzeuge benötigen die Lizenz?

3.10 Kann eine Lizenz nacheinander für verschiedene Fahrzeuge genutzt werden?

3.11   Welche Rolle spielt die Entsenderichtlinie?


 

    4. BdKEP Experten

 

    5. Quellennachweis

 


 

   Achtung

Die folgenden Informationen beinhalten keinen Rechtsrat. Sie sind sorgfältig recherchiert, stellen jedoch keine Rechtsberatung dar und geben die aktuelle Lage nur auszugsweise wieder. Sie können eine den Besonderheiten des einzelnen Sachverhaltes gerecht werdende individuelle Beratung nicht ersetzen und begründen keine Haftungsansprüche. Die Angaben erfolgen ohne Gewähr.

 


 

   Antworten | 1. Recht

   1.1 Welche Änderungen zu den Themen „Gemeinschaftslizenz“ & „zulässigem Gesamtgewicht (zGG) im grenzüberschreitenden Verkehr über 2,5 Tonnen“ treten wann in Kraft?

Zum 21. Mai 2022 treten Neuregelungen zu den Markt- und Berufszugangsverordnungen für Fahrzeuge über 2,5 t zulässige Gesamtgewicht im grenzüberschreitenden Verkehr in Kraft. Demnach benötigen Unternehmen für den grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr sowie Kabotageverkehr mit Fahrzeugen bereits über 2,5 Tonnen und nicht erst wie bisher über 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht die sogenannte Gemeinschaftslizenz.

Sofern Unternehmen ausschließlich mit Fahrzeugen zwischen 2,5 und 3,5 t zulässigem Gesamtgewicht grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr erbringen, gelten die Regelungen ab 21. Mai 2022. Sofern auch Fahrzeuge über 3,5 t zulässiges Gesamtgewicht eingesetzt werden, gelten bestimmte geänderte Regelungen zu den Gemeinschaftslizenzen bereits ab dem 21. Februar 2022. (siehe Verordnung (EU) 2020/1055)

Für inländische deutsche Verkehre von Unternehmen mit Niederlassung in Deutschlandverändern sich die Lizenz- oder auch andere Erlaubnispflichten durch diese Verordnung nicht. Hingewiesen sei hier trotzdem auf die Anzeigepflicht für den Transport adressierter Sendungen bis 31,5 kg bei der Bundesnetzagentur.

 

   1.2 Was bedeutet die Gemeinschaftslizenz?

Frachtführer, die auf dem Gebieten der Europäischen Union, der EWR-Staaten sowie der Schweiz (Achtung: Kabotageverbot) aktiv sein wollen, benötigen für grenzüberschreitende Beförderungen zwischen den genannten Staaten eine sogenannte Gemeinschaftslizenz, nach Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009. Diese Lizenz ermöglicht auch die Durchführung von Kabotagebeförderungen im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben (vgl. Artikel 8 und 9 der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009).

Ausnahme: Kabotageverbot in der Schweiz

In der Schweiz darf damit jedoch grundsätzlich keine Kabotage durchgeführt werden. Das Merkblatt Binnentransporte - Kabotage -im gewerblichen Güterverkehr der Eidgenössischen Zollverwaltung informiert über das Verbot und sogenannte Toleranzen bspw. im Zusammenhang mit der Weiterbeförderung von Anhängern.

 

1.3  Unter welchen Bedingungen bekommen Unternehmen die Gemeinschaftslizenz?

Unternehmen erhalten die Gemeinschaftslizenz, wenn sie die Bedingungen für die Zulassung zum Beruf des Kraftverkehrsunternehmers erfüllen. Die Regelungen sind maßgeblich in den Verordnungen (EG) Nr. 1071/2009 sowie 1072/2009 sowie für Deutschland im Güterkraftverkehrsgesetz (GükG), der Berufszugangsverordnung für den Güterkraftverkehr (GBZugV) definiert.

Demnach bekommen Unternehmen die Gemeinschaftslizenz, wenn sie:

 

1.4  Gibt es gesonderte verpflichtende nationale Durchführungsverordnungen oder andere Regelwerke zur Umsetzung der Verordnung?

Nein, die Änderungen aus dem Mobilitätspaket I sind sogenannte EU-Verordnungen, die im Gegensatz zu EU-Richtlinien keiner gesonderten nationalen Umsetzung bedürfen, sondern in den Mitgliedstaaten unmittelbar gelten. Im Mobilitätspakt I vorgesehene legislative Spielräume (bspw. die Praktikerregelung – siehe dazugehörige FAQ) für Mitgliedsstaaten können diese umsetzen, jedoch müssen sie hier nicht tätig werden. (Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1071/2009 - Seite L 249/24)

 

1.5  Ist die Gemeinschaftslizenz auch für Kabotageverkehre mit Fahrzeugen ab 2,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht notwendig?

Nach Verordnung (EU) 2020/1055) sind Kabotagefahrten dann erlaubt, wenn der Verkehrsunternehmer „eindeutige Belege für die grenzüberschreitende Beförderung in den betreffenden Mitgliedstaat vorweisen kann.“ Demnach ist die Gemeinschaftslizenz zur Erbringung von Kabotagefahrten für Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 2,5 Tonnen notwendig, da vorab ein grenzüberscheitender Transport mit diesem Fahrzeug vorgenommen werden musste.

 


 

   Achtung

Die folgenden Informationen beinhalten keinen Rechtsrat. Sie sind sorgfältig recherchiert, stellen jedoch keine Rechtsberatung dar und geben die aktuelle Lage nur auszugsweise wieder. Sie können eine den Besonderheiten des einzelnen Sachverhaltes gerecht werdende individuelle Beratung nicht ersetzen und begründen keine Haftungsansprüche. Die Angaben erfolgen ohne Gewähr.

 


 

   Antworten | 2. Umsetzung & Erwerb

  2.1 An manchen Stellen wird das Datum 21. Februar 2022 für die neuen Regelungen benannt. Was hat es damit auf sich?

Die dazugehörige Verordnung (EU) 2020/1055) tritt schon am 21. Februar 2022 in Kraft. Die Ausweitung auf Fahrzeuge mit zulässigem Gesamtgewicht im grenzüberschreitenden Verkehr über 2,5 Tonnen findet jedoch erst ab 21. Mai 2022 statt. Sofern auch Fahrzeuge über 3,5 t zulässiges Gesamtgewicht eingesetzt werden, gelten geänderte Regelungen für diese Unternehmen bereits ab dem 21. Februar 2022.

 

  2.2 Wo kann die Gemeinschaftslizenz beantragt werden?

Die Gemeinschaftslizenz wird bei den unteren, mittel- und oberen Verkehrsbehörden beantragt. Das sind die Straßenverkehrsämter oder die Landratsämter. (Verzeichnis der Genehmigungsbehörden der Länder für Personenverkehr und gewerblichen Güterkraftverkehr beim BAG)

 

  2.3 Was ist die sogenannte „Praktikerregelung“ und wie ist der Stand der Umsetzung in Deutschland?

Die Praktikerregelung lautet wie folgt: „Zum Zwecke der Erteilung einer Lizenz an ein Güterkraftverkehrsunternehmen, das nur Kraftfahrzeuge oder Fahrzeugkombinationen mit einer zulässigen Gesamtmasse von höchstens 3,5 t nutzt, können die Mitgliedstaaten beschließen, die Personen von der in Artikel 8 Absatz 1 genannten Prüfung zu befreien, die nachweisen können, dass sie in dem Zeitraum von 10 Jahren vor dem 20. August 2020 ohne Unterbrechung ein Unternehmen derselben Art geleitet haben.“ (Verordnung (EU) 2020/1055 zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1071/2009 - Seite L 249/24)

Update 03/22: Die Regelung kann in Deutschland in Anspruch genommen werden. Die betreffenden Personen können auf Antrag von der Fachkundeprüfung entbunden werden. Viele IHKn führen jedoch trotzdem ein Fachkundegespräch durch. Grundlage für diese Gespräche sind die sonst prüfungsrelevanten Themenbereiche. Auf Basis dieses Gesprächs wird dann entscheiden, ob dieser Person die Fachkunde auch ohne Prüfung bescheinigt werden kann. Es ist zu empfehlen, sich auf dieses Gespräch genauso vorzubereiten, wie auf die Prüfung. Das bedeutet an einer Schulung teilzunehmen oder aber sich im Selbststudium vorzubereiten.

 

  2.4 Wieviel Kapital muß im Rahmen der finanziellen Leistungsfähigkeit nachgewiesen werden.

Die betroffenen Unternehmen sollen über ein Mindestmaß an finanzieller Leistungsfähigkeit verfügen: So ist sichergestellt, dass sie über die erforderlichen Mittel verfügen, um ihre Tätigkeit dauerhaft und langfristig ausüben zu können. Mit Rücksicht auf die geringere finanzielle Ertragskraft eines kleinen Nutzfahrzeuges ist eine deutlich geringere Kapitalhöhe zur Erfüllung des Nachweises der Erfüllung der finanziellen Leistungsfähigkeit als bei schwereren Nutzfahrzeugen festgelegt.

  • 1.800 Euro für das erste genutzte Fahrzeug
  • 900 Euro für jedes weitere genutzte Fahrzeug

Diese Leistungsfähigkeit wird durch entsprechendes Eigenkapital und Reserven über den Jahresabschluss nachgewiesen. Abweichend kann die zuständige Behörde eine Bescheinigung wie etwa eine Bankbürgschaft oder eine Versicherung, die eine selbstschuldnerische Bürgschaft für das Unternehmen darstellen, gelten lassen oder verlangen.(Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 Artikel 7)

Sofern mindestens ein Fahrzeug bzw. Fahrzeuggespann mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 3,5 t im Einsatz ist, werden für dieses erste Fahrzeug 9000 Euro fällig. Für die Fahrzeuge zwischen 2,5 t und 3,5 t zulässigem Gesamtgewicht werden dann jeweils 900 Euro fällig.

 

  2.5 Sind nach dem 21.05.2022 Übergangslösungen/ -fristen vorgesehen, national oder international?

Übergangslösungen sind nicht vorgesehen.

 

2.6  Welche Länder setzen die Verordnung bis wann um und kontrollieren ab wann?

Die Verordnungen zur Gemeinschaftslizenz gelten bereits jetzt in allen Mitgliedstaaten. Die Veränderungen treten zu den angegebenen Terminen 21.05.22 automatisch in Kraft.

 

2.7 Welche Sanktionen sind für Staaten vorgesehen, die die Einführung der Gemeinschaftslizenz ab 2,5 Tonnen zGG nicht umsetzen?

Die Gemeinschaftslizenz wird nicht neu eingeführt, vielmehr besteht diese Lizenz schon länger. Erweitert wird nur der Anwendungsbereich auch auf Fahrzeuge zwischen 2,5 und 3,5 Tonnen zGGim grenzüberschreitenden Verkehr. Da es sich um eine geänderte Verordnung handelt, die keiner gesonderten nationalen Umsetzung bedarf, kann es keinen Verzug geben.

Update 24.3.22: Die EU Kommission beklagt aktuell, dass sie noch nicht aus allen Mitgliedstaaten die Umsetzung der Regelungen in nationales Recht bestätigt bekommen haben und droht mit Klagen. siehe: https://www.verkehrsrundschau.de/nachrichten/recht-geld/mobilitaetspaket-eu-kommission-droht-mit-klagen-3132201

 

2.8 Werden die EU-Länder es in gleicher Strenge einführen, sodass es nicht zu Wettbewerbsverzerrung kommt? Wie wird sichergestellt, dass andere Länder keine „Dumping" oder „Light"angebote zum Erwerb der EU Lizenz entwickeln?

Nach Auskunft des Verkehrsministeriums sind die Vorgaben zum Berufs- und Marktzugang unionsrechtlich harmonisiert und gelten in allen Mitgliedstaaten identisch und unmittelbar. Hier ist sehr wenig Spielraum für Abweichungen und wenig Risiko für Wettbewerbsverzerrungen.

 

2.9 Welches Wissen wir bei der fachlichen Eignung geprüft?

Die Kenntnisse, die für die amtliche Feststellung der fachlichen Eignung durch Mitgliedstaaten für den Güter- bzw. Personenkraftverkehr zu berücksichtigen sind, müssen sich zumindest auf die Sachgebiete:

Bürgerliches Recht - Güter- und Personenkraftverkehr - Handelsrecht -  Sozialrecht  - Steuerrecht -  Kaufmännische und finanzielle Leitung des Unternehmens Güter- und Personenkraftverkehr - Marktzugang - Normen und technische Vorschriften –Straßenverkehrssicherheit (siehe vollständige Liste der Sachgebiete in Anhang 1 L 300/64) erstrecken.

Bewerber für die Zulassung zum Beruf des Kraftverkehrsunternehmers müssen das zur Leitung eines Verkehrsunternehmens erforderliche Niveau an Kenntnissen und praktischen Fähigkeiten auf diesen Sachgebieten erreichen.

Das Mindestniveau an Kenntnissen im Sinne der folgenden Aufstellung darf nicht unter Stufe 3 der Struktur der Ausbildungsstufen im Anhang der Entscheidung 85/368/EWG des Rates liegen, d. h. dem Niveau, das durch eine Ausbildung erreicht wird, die nach der Pflichtschule entweder durch eine Berufsausbildung und zusätzliche Fachausbildung oder durch eine Sekundarschule oder ähnliche Fachausbildung erworben wird.

Die Prüfungen sind sehr umfassend und mit erheblichem Lernaufwand verbunden. Erfahrungsgemäß sind hohe Durchfallquoten von über 50% zu erwarten. Jahrzehntelang tätige erfahrene KEP Unternehmer haben die Prüfung nach einwöchigem Intensivkurs zzgl. umfangreichen Eigenstudium durchaus mit Mühe geschafft. Viele Sachgebiete sind durch Wissen aus dem Segment der schweren Nutzfahrzeuge geprägt, das in KEP Unternehmen selten so umfangreich vorliegt.

 

2.10 Ist eine spezielle KEP Prüfung zu erwarten?

Aktuell zeichnet sich keine Entwicklung einer speziellen KEP Prüfung ab. Die erteilte Gemeinschaftslizenz ist nicht auf den KEP Markt begrenzt, sondern gilt für alle Marktsegmente.

 


 

   Achtung

Die folgenden Informationen beinhalten keinen Rechtsrat. Sie sind sorgfältig recherchiert, stellen jedoch keine Rechtsberatung dar und geben die aktuelle Lage nur auszugsweise wieder. Sie können eine den Besonderheiten des einzelnen Sachverhaltes gerecht werdende individuelle Beratung nicht ersetzen und begründen keine Haftungsansprüche. Die Angaben erfolgen ohne Gewähr.

 


 

   Antworten | 3. Praxis

3.1 Können Unternehmen ohne Gemeinschaftslizenz Nachunternehmen, die eine Gemeinschaftslizenz haben, mit der Erbringung grenzüberschreitender Transporte beauftragen?

Grundsätzlich ja (GüKG§ 7c). Jedoch darf das Unternehmen dann nicht beauftragt werden, wenn das auftraggebende Unternehmen weiß oder fahrlässig nicht weiß, dass der Auftragnehmer

  • nicht Inhaber einer Gemeinschaftslizenz ist, oder die Lizenz unzulässig verwendet,
  • bei der Beförderung Fahrpersonal einsetzt, das die Voraussetzungen nicht erfüllt,
  • weitere Frachtführer oder Spediteure einsetzt oder zulässt, dass ein solcher tätig wird, der die Beförderungen ohne Gemeinschaftslizenz durchführt.

Die rein vertragliche Zusicherung, dass Auftragnehmer über eine Gemeinschaftslizenz verfügen, ist zwar hilfreich aber im Zweifel nicht ausreichend. Es müssen alle weiteren zumutbaren Kontrollen durchgeführt werden.

 

3.2 Welche Sanktionen drohen, wenn Unternehmen vorsätzlich oder fahrlässig nach dem Inkrafttreten am 21.5.22 grenzüberschreitende Transporte mit Fahrzeugen über 2,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht ohne Gemeinschaftslizenz durchführen?

Unternehmen die vorsätzlich oder fahrlässig grenzüberschreitende Transporte mit Fahrzeugen über 2,5 Tonnen ohne Gemeinschaftslizenz nach § 3 GüKG im grenzüberschreitenden Güterkraftverkehr betreiben§ 19 GüKG Absatz 2, müssen laut § 19 GüKG Absatz 7 mit Geldbußen bis 20.000 Euro rechnen.

Die Behörden im Ausland sind mit Kontrollen der Gemeinschaftslizenz seit vielen Jahren vertraut. Es ist davon auszugehen, dass ab dem Inkrafttreten der Vorschrift entsprechend kontrolliert und sanktioniert wird.

 

3.3 Welche anderen möglichen Ordnungswidrigkeiten und damit Sanktionen drohen im Zusammenhang mit der Gemeinschaftslizenz?

Verstöße gegen die umfangreichen und auch teilweise komplizierten Regelungen im internationalen Güterverkehr gefährden andere Verkehrsteilnehmer und verzerren oft den Wettbewerb. Unternehmen bzw. verantwortliche Personen, die diese Verstöße zulassen, sollen sanktioniert werden und ggfs. auch aus dem Markt ausscheiden. Dazu kommt ein Risikoeinstufungssystem zum Einsatz. Es zielt auf die persönliche Zuverlässigkeit nach der Berufszugangsverordnung für den Güterkraftverkehr (GBZugV) ab. Sofern die Verantwortlichen zu viele Verstöße gegen geltende Vorschriften zulassen, zieht man diese in Zweifel oder erkennt sie sogar ab. Letzteres geht mit dem Verlust der Gemeinschaftslizenz einher.

In diesem System werden mögliche Verstöße gruppiert und in Schwergrade - schwerster | sehr schwerwiegender | schwerwiegender | geringfügiger Verstoß - eingeteilt (Richtlinie2006/22/EG Anhang III). Darauf aufbauend kommt in Deutschland ein Ampelsystem zur Risikoeinstufung der Unternehmen zum Einsatz. Dazu hat das Verkehrsministerium einen Leitfaden zur Risikoeinstufung von Kraftverkehrsunternehmen herausgegeben. Aus den Verstößen wird über eine Formel das Unternehmensrisiko berechnet. Bei mittlerem Risiko (gelb) wird das Unternehmen binnen 2 Jahren einer Prüfung unterzogen, bei hohem Risiko muß eine unverzügliche Prüfung erfolgen. Im Rahmen der Überprüfung vergewissert sich die zuständige Behörde, ob die Berufszugangsvoraussetzungen weiterhin vorliegen.

Die Behörden führen dazu die sogenannte Verkehrsunternehmensdatei. Hier sind Informationen zur Rechtsform des Unternehmens, über den/ die Verkehrsleiterin, Anzahl der Fahrzeuge, Tatbestände bei nicht ordnungsgemäßer Unternehmensführung sowie Versagung nach dem Güterkraftverkehrsgesetz hinterlegt.

 

3.4 Tauschen die EU Staaten Informationen über Verstöße aus?

Die Mitgliedstaaten tauschen bestimmte Informationen über Verstöße oder über Verkehrsleiter, die für ungeeignet erklärt wurden, aus. Die Mitgliedstaaten speichern den mitgeteilten Verstoß im jeweiligen einzelstaatlichen elektronischen Register. (Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 Artikel 18)

 

3.5 Wie wird mit grenzüberschreitendem Nahverkehr umgegangen?

Sonderregelungen für den grenzüberschreitenden Nahverkehr sind in den geänderten Rechtsvorschriften nicht vorgesehen. Spielraum für den nationalen Gesetzgeber besteht nicht.

 

3.6 Wer bestraft in welchem Land? - Wie wird Doppelbestrafung von Unternehmen verhindert? Gibt es bei Verstößen Meldungen an deutsche Behörden?

Sofern Bußgelder verhängt werden, geschieht dies durch die am Ort des Verstoßes zuständige Behörde. Die Mitgliedstaaten tauschen bestimmte Informationen über Verstöße oder über Verkehrsleiter, die in Mitgliedsstaaten gesperrt wurden, aus. Die Mitgliedstaaten speichern den mitgeteilten Verstoß im jeweiligen einzelstaatlichen elektronischen Register. (Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 Artikel 18)

 

3.7 Kontrollieren die Staaten die inländischen Unternehmen/ Fahrer oder/ und ausländische Unternehmen?

Grundsätzlich erfolgt eine diskriminierungsfreie Überprüfung unabhängig vom Zulassungsstaat der Fahrzeuge. Betriebskontrollen vor Ort werden durch die für den Sitz zuständigen Behörden durchgeführt. Die Vorschrift für Fahrzeuge von 2,5 – 3,5 t gilt nur im grenzüberschreitenden Verkehr. Deshalb ist davon auszugehen, dass in den jeweiligen Ländern auch nur ausländische kleine Nutzfahrzeuge kontrolliert werden. Dadurch kann die Wahrscheinlichkeit, kontrolliert zu werden, stark ansteigen. Besonders effiziente Kontrollen sind in Grenznähe denkbar.

 

3.8 Wie wird das Risiko eingeschätzt, das sich durch diese Vorgabe der Fahrermangel stärker auch auf die KEP Branche (selbstfahrende Unternehmer) überträgt?

Der Gesetzgeber sieht die verschiedenen Interessen im ausführlich auf unionsebene diskutierten Mobilitätspaket hinreichend berücksichtigt. Besondere Benachteiligungen werden nicht erwartet.

 

3.9 Wieviel Fahrzeuge benötigen die Lizenz?

Jedes für grenzüberschreitende Transporte genutzte Fahrzeug benötigt die Lizenz. Die Kopie der Lizenz ist im Fahrzeug mitzuführen. Es wird je gemeldetem Fahrzeug von der ausgebenden Stelle nur eine beglaubigte Kopie ausgegeben. Sofern verschiedene Fahrzeuge grenzüberschreitende Transporte durchführen, muss also die „Original-Kopie“ an das neue Fahrzeug vor Grenzübertritt übergeben werden. Änderungen im Fuhrpark müssen der Vergabestelle angezeigt werden.

 

3.10 Kann eine Lizenz nacheinander für verschiedene Fahrzeuge genutzt werden?

Ja. Sofern verschiedene Fahrzeuge grenzüberschreitende Transporte durchführen, muss die „Original-Kopie“ an das neue Fahrzeug vor Grenzübertritt übergeben werden.

 

 

3.11 Welche Rolle spielt die Entsenderichtlinie?

Ein „entsandter Arbeitnehmer“ ist ein Arbeitnehmer (Frau oder Mann), der von seinem Arbeitgeber in ein anderes EU-Land geschickt wird, um dort während eines begrenzten Zeitraums eine Dienstleistung zu erbringen. (siehe EU Kommission - Beschäftigung, Soziales und Integration)

Die Zusammenfassung der dazugehörigen Regelung für Kraftfahrern im Straßenverkehrssektor ist auf den Seiten der EU Kommission hier zu finden. Die Regelungen zur Entsendung sind komplex. Eine Beschäftigung im Detail ist dringend zu empfehlen.

Die Entsenderegelungen gelten für Kraftfahrer im Güterverkehr grundsätzlich dann, wenn Sie im EU Ausland Kabotagefahrten erbringen. Die Entsenderegelungen sehen umfangreiche Melde- und Dokumentationspflichten vor.

Bilaterale Beförderungen von Gütern sind keine Entsendungengemäß Richtlinie 96/71/EG(gilt ab 2. Februar 2022).Bei bilateralen Beförderungentransportieren Fahrer*innen Güter von einem Mitglieds- bzw. Drittstaat in einen anderen oder umgekehrt. Hin- und Rückfahrt sind jeweils eine bilaterale Fahrt. Unter genau definierten engen Bedingungen können dabei unterwegs weitere Güter ge- und entladen werden. (Richtlinie (EU) 2020/1057 Artikel 1 Absatz (3))

Transitbeförderungen sind keine Entsendungen. Bei TransitbeförderungenfahrenFahrer*innen durch Mitgliedsstaaten durch, ohne dort Güter auf-oder abzuladen. (Richtlinie (EU) 2020/1057 Artikel 1 Absatz (5))

 


 

   Achtung

Die vorangestellten und nachfolgenden Informationen beinhalten keinen Rechtsrat. Sie sind sorgfältig recherchiert, stellen jedoch keine Rechtsberatung dar und geben die aktuelle Lage nur auszugsweise wieder. Sie können eine den Besonderheiten des einzelnen Sachverhaltes gerecht werdende individuelle Beratung nicht ersetzen und begründen keine Haftungsansprüche. Die Angaben erfolgen ohne Gewähr.

 


 

BdKEP | Berlin, 31. Januar 2022

Andreas Schumann
Vorsitzender des BdKEP

 


 

   BdKEP Experten | Danke   

Wir danken sehr herzlich unseren BdKEP-Experten Reinhard Kuhn & Klaus Dieter Bugiel  für die Zusammenarbeit, das Engagement und für die zur Verfügungstellung der Informationen.

  

Reinhard Kuhn | Inhaber & Geschäftsführer | Optimal Kurier GbR
Freiberuflich / Selbstständig | Dozent | Verein für Berufsförderung der IHK Region Stuttgart | PN HDS | FBD Bildungspark

  

Klaus Dieter Bugiel | Inhaber & Geschäftsführer | fox-COURIER GmbH Leipzig
Leiter des Netzwerkes Logistik Mitteldeutschland | Luftsicherheitsschulungen | Reglementierter Beauftragter

 


 

Quellennachweis

 

 

 

 

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