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UPDATE | BdKEP Entgegnung zum Spiegel Artikel: „Post-Reform droht Neugeborenenscreening zu verteuern“
Laut dem Magazin „Der Spiegel“[1] droht die Postgesetz Reform das Neugeborenenscreening zu verteuern. Demnach werden Untersuchungsergebnisse zur rechtzeitigen Erkennung lebensgefährlicher Erkrankungen von Babys „per Brief durchs Land geschickt. Mit der Novelle des Postgesetzes dürften solche eiligen Sendungen deutlich teurer werden“, wird in dem Artikel festgestellt. Das Parlament diskutiert demnach nun, ob die Post ein Eilprodukt künftig als Teil des sogenannten Universaldienstes anbieten muss. Der BdKEP weist ausdrücklich darauf hin, dass der Standardbrief aus verschiedenen Gründen nicht die geeignete Versandform ist, um Blutproben zu versenden. Leistungsfähige Labor-Transportnetzwerke haben sich zum Transport von Blutproben etabliert. Die Preispolitik der DPAG und Marktentwicklungen sorgen für Verteuerungen im Markt, nicht das Postgesetz. Die Schaffung der Universaldienst-Serviceleitung Prio-Brief ist nicht geboten.
Der BdKEP ordnet die Informationen wie folgt ein:
1. Standardbrief ist zum Transport von sensiblen und eiligen Blutproben aus dem Neugeborenenscreening (Trockenblutkarten) schon seit Jahren nicht geeignet.
1.1. Zeitvorgaben aus der Kinder-Richtlinie mit Standardbrief kaum einzuhalten
1.2. 2020 waren über 50% der Trockenblutkarten zu spät im Labor
1.3. Einfluss von sommerlichen Temperaturen auf die Probenqualität
2. Leistungsfähige Labor-Transportnetzwerke für den Transport von Trockenblutkarten nutzen – Kostenentwicklung hängt von Vertragsgestaltung ab
3. Diskussion eines Prio-Universaldienstproduktes auf Basis von 0,006% Anteilen der Trockenblutkarten am Gesamtaufkommen ist unverhältnismäßig
4. Preispolitik der DPAG und Marktentwicklung sorgen für Verteuerung nicht das Postgesetz
DER SPIEGEL schreibt „Untersuchungsergebnisse werden per Brief durchs Land geschickt“. [1]
Gemäß Kinder-Richtlinie § 22 Befundübermittlung ist der Einsender bei auffälligen Untersuchungsergebnissen unverzüglich zu unterrichten. Für die „Erreichbarkeit zum Zeitpunkt der möglichen Befundübermittlung sind die Telefonnummern und Adressen des Einsenders und Eltern“ vorzuhalten. Somit kommt es hier nicht auf die eilige Zustellung von Untersuchungsergebnissen per Brief über die Deutsche Post AG an, denn sie werden vorab bereits auf anderem Wege übermittelt.
Es ist davon auszugehen, dass sich der Spiegelartikel auf sogenannte Blutproben (Trockenblutkarten) bezieht, die von der Blutentnahmestelle zur Analyse in eines von bundesweit 13 Screeninglabors oder -zentren[2]geschickt werden.
1. Standardbrief ist zum Transport von sensiblen und eiligen Blutproben aus dem Neugeborenenscreening (Trockenblutkarten) schon seit Jahren nicht geeignet.
1.1. Zeitvorgaben aus der Kinder-Richtlinie mit Standardbrief kaum einzuhalten
Gemäß Kinder-Richtlinie § 18 Absatz 4 sollen „Zwischen der Abnahme der Probe und der Übermittlung eines auffälligen Befunds … nicht mehr als 72 Stunden liegen.“[3] Nach der Leitlinie der Gesellschaft für Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin (und weiterer Verbände und Institutionen) sollen Trockenblutkarten spätestens am übernächsten Tag nach der Probenentnahme im Labor ankommen. In der Würdigung zu diesem Thema ist die Versandart vom Versender so auszuwählen, dass die Befundübermittlung binnen 72 Stunden gewährleistet ist.[4] Schon heute ist in Anbetracht des kurzen Zeitfensters sowie der u.a. von der Bundesnetzagentur dokumentierten Qualitätsmängel bei der Briefbeförderung mehr als fraglich, ob der DPAG-Standardbrief das geeignete Transportmittel für derart wichtige und zeitkritische Inhalte ist. Laufzeitverlängerungen durch Wochenend- und Feiertage verbunden mit immer früheren Einlieferzeiten in Briefkästen und Postshops unterstreichen die fehlende Eignung des DPAG-Standardbriefs als geeignetes Transportmittel.
„Das Bundeswirtschaftsministerium hält es für sinnvoll, Screeningkarten nicht per Standardbrief zu versenden.“[5] Dieser Feststellung stimmt der BdKEP deshalb voll und ganz zu!
1.2. 2020 waren über 50% der Trockenblutkarten zu spät im Labor
Nach Angaben des DGNS-Report 2020 wurden im Jahr 2020 über 50% der Trockenblutkarte später als 48 h nach Blutentnahme im Labor angeliefert. [6] Auch hier zeigen sich mögliche kritische Eigenschaften des Standardbriefes.
1.3. Einfluss von sommerlichen Temperaturen auf die Probenqualität
Nach der Publikation „GNPI Leitlinie zum Neugeborenen-Screening“ können sich zudem sommerliche Temperaturen nachteilig auf die Stabilität insbesondere von Enzymen … auswirken.[7] Es gibt den Hinweise darauf, dass „Längeres Lagern in sonnenbestrahlten Postkästen … zu irreversiblen Veränderungen dieser Stoffe führen“ kann.[8] Im Zusammenhang mit den Klimaveränderungen der letzten Jahre ein weiterer Aspekt, der die fehlende Eignung des Standardbriefes, aber auch eines eventuellen Prio-Briefes für den Trockenblutkartentransport. Denn, bei diesen Produkten gibt es, anders als bei Labortransporten, keinen temperaturgeführten Transport.
2. Leistungsfähige Labor-Transportnetzwerke für den Transport von Trockenblutkarten nutzen – Kostenentwicklung hängt von Vertragsgestaltung ab
DER SPIEGEL: "Im Parlament wird diskutiert, ob die Deutsche Post ein Eilprodukt künftig als Teil des sogenannten Universaldienstes anbieten muss." [1]
Seit Jahrzehnten sind bundesweit alle Arztpraxen und Krankhäuser an leistungsfähige Labor-Transportnetzwerke für beispielsweise Blut- und Gewebeproben angeschlossen. Mindestens einmal täglich werden sie dazu angefahren und die Sendungen zeitnah binnen 24 Stunden ins Labor transportiert. Schon heute werden über diese Transporte auch Trockenblutkarten transportiert. Dass sich die Kosten für die Einsender, die heute noch den für eilige und solch sensible Transporte ungeeigneten Standardbrief nutzen, verteuern, ist keineswegs sicher. Das hängt von den Vertragsgestaltungen der Einsender mit den Laboren und den Transportunternehmen ab. Die Transportunternehmer werden i.d.R. nicht pro Sendung vergütet. Dadurch zumindest steigen diese Kosten nicht, wenn zusätzliche Sendungen verschickt werden. Vor diesem Hintergrund sind alternative Versandservices nicht zwangsläufig teurer.
Sollte man an dem Brieftransport festhalten wollen, stehen auch regionale Briefdienstleister als Servicepartner bereit. Sie können die Trockenblutkarten, die i.d.R. an einen der länderspezifischen Laborstandorte gehen, zuverlässig und zeitnah transportieren.
3. Diskussion eines Prio-Universaldienstproduktes auf Basis von 0,006% Anteilen der Trockenblutkarten am Gesamtaufkommen ist unverhältnismäßig
Die Laufzeitverlängerungen für den Standardbrief sind maßgeblich auf Forderung der Deutschen Post in das Postmodernisierungsgesetz aufgenommen worden. Dass nun nach diesem Lobbyerfolg der Deutschen Post diskutiert wird, einen neue, teurere, mehrwertsteuerfreie Universaldienst-Produktkategorie Prio-Brief einzuführen, ist ein durchsichtiges Manöver des marktbeherrschenden Unternehmens. Geht man von ca. 770.000 Neugeborenenscreenings (Sendungen) im Jahr 2020 aus[9], sind das für das Jahr 2020 bei 12,37 Mrd. Briefsendungen 0,006% des Sendungsaufkommens. Daraus die Begründung für die Zuordnung eines neuen Prio-Brief-Produkts der Deutschen Post zum Universaldienst herzuleiten, erscheint im besten Fall unglaubwürdig. Der Deutschen Post bleibt es freigestellt, einen solchen Service außerhalb des Universaldienstes anzubieten.
4. Preispolitik der DPAG und Marktentwicklung sorgen für Verteuerungen nicht das Postgesetz
„Der Spiegel“: „Die Postgesetz Reform droht das Neugeborenenscreening zu verteuern.“[1]
Seit 2012 ist das Porto der DPAG-Standardbriefe auf Antrag der DPAG um ca. 36% gestiegen.[10] Der Postgesetzentwurf ist hinsichtlich der Laufzeitvorgaben eine Reaktion auf die sich verändernden Marktbedingungen sowie der Anforderungen der Deutschen Post an den neuen Universaldienst. Nicht das Gesetz an sich, sondern die teilweise rechtswidrigen Portoerhöhungen[11] der Deutschen Post sind für die Kostensteigerungen verantwortlich.
Im Übrigen hängen Kostenentwicklungen beim Transport von Trockenblutkarten über die Labortransportnetzwerke von den Vertragsgestaltungen zwischen den Beteiligten ab. Inwiefern und wie stark Kosten steigen muss danach im Einzelfall bewertet werden.
[1] https://www.spiegel.de/wirtschaft/deutsche-post-reform-koennte-kosten-fuer-neugeborenenscreening-erhoehen-a-0a6fb220-3571-4075-83c4-03d495c1ad64 (abgerufen 26.4.2024)
[2] https://www.screening-dgns.de/screeninglabors.php (abgerufen am 29.04.2024)
[3] https://www.g-ba.de/downloads/62-492-3190/Kinder-RL_2023-05-12_iK-2023-07-13.pdf (abgerufen am 29.04.2024)
[4] https://www.g-ba.de/downloads/40-268-10320/2024-03-21_Kinder-RL_ENS-CF-Screening_ZD.pdf (abgerufen am 29.04.2024)
[5] https://www.spiegel.de/wirtschaft/deutsche-post-reform-koennte-kosten-fuer-neugeborenenscreening-erhoehen-a-0a6fb220-3571-4075-83c4-03d495c1ad64 (abgerufen 26.4.2024)
[6] DGNS Report 2020 https://www.screening-dgns.de/Pdf/Screeningreports/DGNS-Screeningreport-d_2020.pdf - Seite 15 (abgerufen 26.4.24)
[7] GNPI (und weitere) Leitline zum Neugeborenen-Screening https://register.awmf.org/assets/guidelines/024-012l_S2k_Neugeborenenscreening_2022-02-abgelaufen.pdf - Seite 15 6.5. Probenversand (abgerufen 26.4.24)
[8] https://www.labor-becker.de/leistungsverzeichnis/1429/neugeborenen-screening (abgerufen 26.4.24)
[9] DGNS Report 2020 https://www.screening-dgns.de/Pdf/Screeningreports/DGNS-Screeningreport-d_2020.pdf - Seite 9 2.1. Gesamtzahlen (abgerufen 26.4.24)
[10] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/482560/umfrage/preisentwicklung-fuer-standardbriefe-in-deutschland (abgerufen 26.4.24)
[11] https://www.handelsblatt.com/unternehmen/handel-konsumgueter/briefe-gericht-erklaert-portoerhoehung-2019-bis-2021-fuer-rechtswidrig/28610276.html (abgerufen 26.4.24)
Schriftliche Fragen an die Bundesregierung im Monat Mai 2024
Frage Nr. 5/114 | Berlin, 21. Mai 2024
von
Ates Gürpinar | Mitglied des Deutschen Bundestages | Gruppe
Frage:
Hält die Bundesregierung an der im Gesetzentwurf zum Postrechtsmodernisierungsgesetz zum Ausdruck gebrachten Einschätzung fest, dass für die Eilzustellung kein Bedarf als Universaldienst bestünde, obwohl der Deutsche Hebammenverband e.V. ebenso wie die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e.V. auf deren Notwendigkeit für die Arbeit ihrer Mitglieder u.a. für die rechtzeitige Diagnose dringlich behandlungsnotwendiger Krankheiten bei Neugeborenen hingewiesen haben (bitte begründen), und welche
Nachteile oder Mehraufwand sieht die Bundesregierung für die betreffenden Berufsgruppen und deren Patientinnen und Patienten im Gesundheitssystem insbesondere im ländlichen Raum bei aufsuchenden Tätigkeiten durch die beabsichtigte Neuregelung und die dann notwendige Nutzung von Alternativen (bitte benennen)?
Antwort:
Die Bundesregierung hält an der Einschätzung fest, dass es für das Produkt „Sendung mit Eilzustellung“, das bisher als Universaldienstleistung definiert ist, keinen Bedarf mehr gibt. Das Produkt „Sendung mit Eilzustellung“ ist eine Briefsendung, die zunächst wie eine gewöhnliche Briefsendung eingesammelt und befördert wird und nach Eingang bei einer Zustelleinrichtung durch besondere Boten zugestellt wird (§ 1 Absatz 2 Nummer 4 der Post-Universaldienstleistungsverordnung). Lediglich die Zustellung einer solchen Sendung erfolgt also im Zuge einer der regulären Briefzustellung zeitlich vorgelagerten Frühzustellung. Entsprechende Dienstleistungen werden nach Kenntnisstand der Bundesregierung mangels Nachfrage nicht mehr am Markt angeboten.
Die beschriebene Dienstleistung darf nicht mit speziellen Express- oder Kurierdienstleistungen verwechselt werden, die in der Regel durch eine schnelle Beförderung und/oder eine garantierte Laufzeit oder einen garantierten Liefertermin gekennzeichnet sind. Für solche Leistungen besteht nach Einschätzung der Bundesregierung ein ganz erheblicher Bedarf, nicht nur, aber gerade im medizinischen Bereich. Entsprechende Dienstleistungen werden durch eine Vielzahl von Anbietern im Wettbewerb
angeboten und erbracht. Für den Versand zeitkritischer Sendungen sollte dabei stets auf Dienstleistungen zurückgegriffen werden, die die Garantie bieten, dass diese rechtzeitig beim Empfänger ankommen.
Ob und in welchem Maße in Zukunft Mehraufwand im Kontext des Neugeborenenscreenings entsteht, hängt maßgeblich davon ab, welche Anforderungen an den Versand entsprechender Proben gestellt werden und welche Produkte in diesem Sinne aus medizinischer Sicht als sinnvoll in
Betracht kommen. Es ist der Bundesregierung in diesem Zusammenhang ein Anliegen, dass sowohl im städtischen als auch im ländlichen Raum weiterhin Dienstleistungen angeboten werden, die den speziellen Bedürfnissen der Nutzerinnen und Nutzer gerecht werden.
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