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BdKEP & Händlerbund - Gemeinsames Positionspapier zur Erstreckung der Nachunternehmerhaftung
Fair und nachhaltig. Für zukunftsträchtige Lösungen in der KEP-Branche
Gemeinsames Positionspapier zur Erstreckung der Nachunternehmerhaftung für Sozialabgaben auf die Kurier-, Express und Paketbranche
Entwicklung des Paketmarktes
Seit dem Jahr 2000 hat sich das Sendungsvolumen in Deutschland mehr als verdoppelt und wird in diesem Jahr voraussichtlich auf 3,7 Mrd. Pakete[1] ansteigen. Wichtigster Treiber ist der Onlinehandel und damit ein stark anwachsender B2C[2]-Markt. Für die nächsten fünf bis sieben Jahre rechnen Experten mit einer weiteren Verdopplung der Sendungsmengen.
Steigende Sendungsmengen führen zwar zu einem Umsatzwachstum bei den Paketdiensten, aber nicht automatisch auch zu einem Gewinnanstieg. Immer mehr Verbraucher bestellen ihre Waren online. Sie erhalten diese dann zumeist als einzelne Sendungen und häufig von verschiedenen Paketdiensten geliefert. In der Folge wächst der B2C-Markt weiter an, die Effizienz bei der Übergabe jedoch nicht. Hintergrund ist, dass ein Zusteller häufig nur ein bis zwei Sendungen an eine Adresse ausliefert und somit den Zeitaufwand pro Sendung für die Übergabe nicht reduzieren kann. Das führt zu einem erhöhten Ressourceneinsatz (personell und logistisch) auf der „letzten Meile“[3] , der durch die Einnahmen nicht immer gedeckt ist. Bezogen auf die gesamte Transportkette kalkulieren Paketdienste für die letzte Meile teilweise die Hälfte der Gesamtkosten ein. Mit der Auslieferung an den Empfänger werden vielfach Subunternehmer beauftragt.
Regelungsbedarf und Lösungsansätze
Wie zuletzt Zollkontrollen Anfang des Jahres ergaben, führen nicht alle Unternehmen Sozialabgaben in erforderlicher Höhe für ihre Arbeitnehmer ab bzw. entlohnen sie nicht gesetzeskonform. Dies sowie verschiedene Medienberichte waren Anlass sowohl für den Bundesrat als auch das BMAS, gesetzliche Regelungen zu schaffen, um die Nachunternehmerhaftung für Sozialabgaben auf die KEP-Branche auszuweiten.
Der BdKEP und der Händlerbund begrüßen Maßnahmen, die zur Verbesserung der sozialen Absicherung von Subunternehmern und Arbeitnehmern in der KEP-Branche führen. Eine Nachunternehmerhaftung für Sozialabgaben kann hierzu beitragen, wird jedoch nicht die Problematik im Kern lösen.
1. Unbedenklichkeitsbescheinigung
Die Leistungsträger bzw. Berufsgenossenschaften erstellen Unbedenklichkeitsbescheinigungen aufgrund der vom Unternehmer gemeldeten Arbeitnehmerdaten. Hierzu zählt auch die Arbeitszeit, die zwar laut Mindestlohngesetz bereits heute erfasst werden muss. Ob diese jedoch korrekt übermittelt wird, kann die ausstellende Stelle nicht bestätigen.
Sofern Unternehmen aufgrund beispielsweise nicht auskömmlicher Vergütung die Sozialabgaben für ihre Arbeitnehmer nicht vollumfänglich zahlen wollen oder können, besteht das Risiko, dass sie unvollständige Angaben machen. Auf dieser Grundlage würden sie trotzdem eine Unbedenklichkeitsbescheinigung erhalten und der Generalunternehmer wäre aus der Haftung entlassen.
Der BdKEP und der Händlerbund lehnen die Unbedenklichkeitsbescheinigung als alleiniges Exkulpationskriterium ab.
2. Präqualifizierung
Eine Ursache für nicht gesetzeskonforme Zahlungen von Sozialabgaben ist insbesondere bei Kleinstunternehmern eine mangelnde fachliche Eignung. Wer in der Lage ist, unternehmerisch zu kalkulieren, wird erkennen, wenn ein Auftrag keine kostendeckenden Einnahmen ermöglicht.
Daher setzen sich BdKEP und Händlerbund für branchenspezifische Eignungsnachweise ein. Ihre Vorlage beim Generalauftraggeber ist auch als alleiniges Kriterium geeignet, als Exkulpation zu dienen. Dabei ist die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben zwingend in geeigneter Form nachzuweisen. Die Nachweise der Eignung sollten durch externe Zertifizierungs-, Ausbildungs- und Prüfungsinstitute oder Behörden ausgestellt werden.
Die Ausgestaltung der Präqualifizierung soll neben der fachlichen, persönlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit des Subunternehmers auch Spezifikationen des jeweiligen Transportsegments (Paket, Pharma, Geld etc.) umfassen. Basis ist die Verkehrsauffassung der beteiligten Kreise zum allgemein vorherrschende Eignungsniveau in dem jeweiligen Branchensegment.
An der konkreten Definition von Anforderungen und Umfang der Präqualifizierung wird der BdKEP als Branchenverband mitwirken und detaillierte Vorschläge einbringen.
Darüber hinaus sind neue Lösungen für die letzte Meile - und hier insbesondere für die Übergabe der Sendungen an den Empfänger - notwendig, um den derzeitigen Aufwand und damit die Kosten zu reduzieren. Der BdKEP und der Händlerbund unterstützen diesem Ziel dienende nachhaltige Lösungen wie beispielsweise wohnortnahe Paketboxen, die offen für alle Zustelldienste sind. Damit kann der Zustellaufwand pro Sendung erheblich reduziert werden.
3. Alle KEP-Netzwerke werden betrachtet
Der KEP Markt besteht neben den Paketdiensten aus weiteren Segmenten, die weniger sichtbar sind. Eine Regelung für den KEP Markt würde die Gesamtheit der KEP-Netzwerke einbeziehen. Auch in den üblicherweise „unsichtbaren“ Segmenten lastet ein hoher Druck auf den Subunternehmern. Hierzu zählen:
- Over Night Netzwerke, wo zumeist Express-Sendungen transportiert werden
- Pharma-Großhandel und Apothekenbelieferung
- Zeitungslogistik und Presse Grosso
- logistische Service-Leistungen im Briefbereich wie Briefkastenleerung, Paketabholung bei Geschäftskunden, Querverkehre zwischen den Sortierzentren (Main Run)
In diesen Bereichen werden Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen eingesetzt. Hier greifen die Zugangsvoraussetzungen aus dem Güterverkehrsrecht, gültig für Fahrzeuge über 3,5 t, nicht.
4. Zusammenfassung
Der BdKEP und der Händlerbund fordern eine nachhaltige Gesamtlösung für die KEP-Branche, die
- einen branchenbezogener Präqualifikationsnachweis für Subunternehmer umfasst,
- ergänzt durch Unbedenklichkeitsbescheinigungen der Leistungserbringer
Politische Anreize für nachhaltige Lösungen zur Effizienzsteigerung in der Paketzustellung auf der letzten Meile würden die Bestrebungen von BdKEP und Händlerbund unterstützen.
Über den BdKEP e.V.
Der Bundesverband der Kurier-Express-Post-Dienste e.V. (BdKEP) vertritt seit 1990 die Interessen der vorwiegend mittelständischen Unternehmen der KEP Branche gegenüber Entscheidern aus Verwaltung, Politik und neuen Marktteilnehmern. Ziel ist es, für die rasant steigenden Sendungsvolumen nachhaltige Lösungen für den Lieferverkehr zu entwickeln. Dazu bündelt der BdKEP die Kompetenzen und Erfahrungen von Unternehmen, die die Transportkette zwischen Absender und Empfänger von Sendungen sicherstellen. Ein großer Teil der über 600 Mitgliedsunternehmen, zu denen auch Plattformanbieter gehören, erbringt Transportdienstleistungen im Auftrag von großen Paketdiensten und Versendern.
Über den Händlerbund e.V.
Der Händlerbund ist ein 360° E-Commerce-Netzwerk. Mit seinen Mitgliedern und Service-Partnern unterstützt er Händler aus ganz Europa bei der Professionalisierung. Seit Gründung im Jahr 2008 in Leipzig setzt sich der Händlerbund aktiv für die Weiterentwicklung der gesamten Branche ein. Die rechtliche Absicherung und Beratung von Onlinehändlern wird durch Unterstützung im Kundenservice, Marketing und Verkauf, Fulfillment sowie ein breites Angebot an Weiterbildungen, Events, News u.v.m. ergänzt. Aufgrund der rasanten Entwicklung des E-Commerce wurde der Händlerbund in kürzester Zeit zu Europas größtem Onlinehandelsverband.
Kontakt
Andreas Schumann, Vorsitzender
Bundesverband der Kurier-Express-Post-Dienste e.V.
Potsdamer Straße 7, 10785 Berlin
Telefon +49 30 20076207 | Telefax +49 30 20076208 | E-Mail aschumann@bdkep.de | www.bdkep.de
Florian Seikel, Director Public Affairs & Verbandswesen
Händlerbund e.V.
Postdamer Strasse 7, 10785 Berlin
Telefon: +49 171 9401815 | E-Mail: florian.seikel@haendlerbund.de | www.haendlerbund.de
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[1] BIEK-Schätzung, auf Veranstaltung bei FES 8.5.2019
[2] Business to Consumer
[3] letzter Teil der Transportkette (vom letzten HUB zum Empfänger, inkl. Übergabe der Sendungen an den Empfänger)
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