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EU-Grünbuch wirft Fragen auf (Rudolf Pfeiffer)

KEP aktuell 1/2013

Online-Handel drängt auf Verwirklichung des EU-Binnenmarktes für Post

Das Internet verändert unabänderlich die Welt. Der Paketmarkt profitiert davon. Der OnlineHandel hat ihm deutliche Zuwächse der Sendungsmengen gebracht. Die EU-Kommission Binnenmarkt stellt in einem Grünbuch die Frage, ob die in den neunziger Jahren erstmals geschaffenen Postdienstrichtlinien für die veränderte Welt noch ausreichend sind. Damals konnte der Online-Handel nicht berücksichtigt werden. Ausgangspunkt sind zwei Themenkomplexe, um die sich die EU-Kommission im Grünbuch Gedanken macht. Zum einen haben Forschungen ergeben, dass ein großer Preis- und Lieferzeitunterschied zwischen dem nationalen und dem europä- ischen Paketversand besteht. Zum anderen ist der Verbraucher offenbar unzufrieden mit den Zustellsituationen und sieht seine Interessen nicht ausreichend berücksichtigt. Die Moderne verlangt bessere Kommunikation. Nach Auffassung des BdKEP gehen beide Themenkomplexe von falschen Voraussetzungen aus.

Der Online-Handel ist grenzenlos. Handel wie Verbraucher wollen einen freien Handel, wie es das Internet verspricht. Der Paketmarkt wird national jeweils dominiert durch die ehemaligen staatlichen Postdienste. Diese stehen im europäischen Wettbewerb und bemühen sich, ihre nationale Dominanz zu verteidigen mit dem Ergebnis, dass sie sich national abschotten. Das ist zwar verständlich, da niemand für den Wettbewerb Steigbügelhalter sein will, aber Ziel der EU ist bekanntlich, Wettbewerb und einen freien Binnenmarkt zu schaffen und Monopole aufzulösen. Und dazu braucht es Steigbügelhalter. Durch Abschottung der nationalen Märkte wird der internationale Paketversand teuer, da die Zustelldichte im jeweiligen Ausland fehlt. Zustellzeiten verlängern sich. Kostenlose Rücknahmeist nur unter erschwerten Bedingungen möglich. Trotzdem können Preise für internationale Pakete nicht mit nationalen Paketpreisen verglichen werden, da die nationalen Paketpreise zu niedrig sind wie an den prekären Verhältnissen in der Zustellung zu erkennen ist. In der Regel stellen Paketdienste nicht mit eigenen Angestellten zu, sondern haben dafür Zustellunternehmen beauftragt, deren Erlöse zu gering sind, um ihre Angestellten gut entlohnen zu können.

Gleichgültig ob national oder internationaler Online-Handel. Der Empfänger trägt die Versandkosten, nicht der Online-Handel. Obendrein ist festzustellen, dass der Handel durch Aufschläge auf die wirklichen Paketversandkosten noch zusätzlich verdient. Hier sind Endpreise notwendig wie beim Online-Flugticket. Schließlich werden im stationären Handel Lieferkosten auch nicht extra berechnet. Im Briefmarkt gibt es durch den Weltpostverein Regeln des Austausches der Sendungen bis 2000 Gramm und der Vergütungen. Die EU hat obendrein marktbeherrschende Postdienste zur Öffnung ihrer Netze verpflichtet – für Briefsendungen. Für Paketsendungen gibt es diese Verpflichtungen nicht. Und zumindest in Deutschland gibt es für Paketdienste auch keine Verpflichtung zum Universaldienst. Der Weltpostverein denkt zwar darüber nach, für den Austausch von Paketsendungen und deren Vergütung Gespräche aufzunehmen. Doch dieses kann aufgrund der weltweiten Anforderungen dauern. Die EU ist hier in der Pflicht, Netzzugang bei allen marktbeherrschenden Unternehmen zu ermöglichen, will sie den Postbinnenmarkt verwirklichen und will sie die Praxis der Postunternehmen auflösen, Universaldienst nur national zu begreifen.

Voraussetzung für den Netzzugang ist, einen Adressdatenaustausch zu ermöglichen. Wie bei der Telekommunikation eine einheitliche Datentechnik verwendet wird und somit die weltweite Telefonie möglich ist, so ist die einheitliche Datentechnik bei Paketen eine wesentliche Voraussetzung, um zu einer einheitlichen Versandsprache zu kommen. Die nationalen Postgesellschaften haben auch in diesem Bereich eher Abschottungen praktiziert – letztlich zu Lasten des Verbrauchers. Doch mit dem Netzzugang als europäische Dienstleistung allein ist es nicht getan, sondern es bedarf auch der Anpassung der nationalen Gesetze zu Produktgarantien, Produktrücknahme, des Verbraucherschutzes etc., denn schließlich ist bei einem Paketversand in der Regel von einem Warenversand auszugehen.

Verbraucherwünsche nach individuellen Zustellungen, die gerade aufgrund der digitalen Techniken aufkommen, sind berechtigt, gehen aber am Grundprinzip der Paketdienste vorbei: Paketversand ist preiswert, weil nur standardisierte Leistungen angeboten werden. Individuelle Zustellungswünsche können Expressdienste (Kurierdienste) erfüllen. Deren Paketpreis ist allerdings auch ca. dreimal höher als der eines normalen Paketdienstes. Zustellwünsche können also erfüllt werden und bedürfen keiner gesonderten Regulierung. Allerdings gibt es eine Zunahme von Angeboten der Paketdienste für individuelle Zustellungen. Doch diese Entwicklung ist kontraproduktiv. Die Kosten für zweite und dritte Zustellung oder Ersatzzustellungen tragen die Zustellunternehmen, die für die Zustellung pauschal vergütet werden. Sie haben keine Chance, ihre höheren Kosten an den Versender weiterzureichen, weshalb sich individuelle Zustellungswünsche gegen alle betriebswirtschaftliche Vernunft nicht auf die Paketpreise auswirken. Lösungen sind daher eher in dem Bereich größerer unternehmerischer Freiheit von Zustellunternehmen und Postshops zu suchen. Mit Zunahme der Paketmengen für Verbraucher und für strukturschwächere Regionen wird die Frage einer größerer Dichte von unabhängigen Postshops für Ersatzzustellungen immer drängender. Aber auch citynahe Wohngebiete brauchen eine hohe Dichte von Postshops. Sie ist allein mit dem Beharren auf der jeweiligen Corporate Identity nicht zu lösen. Der Vorteil der Zustellunternehmen ist gerade, dass sie ihr Zustellgebiet kennen und eigene Lösungen anbieten könnten. Doch man lässt sie nicht. Netzzugang für Paketdienste, Endpreise des Handels und größere unternehmerische Freiheit für die Unternehmen in der Annahme und der Zustellung von Post – dass sind die wesentlichen Antworten des BdKEP auf die Fragen des Grünbuches der EU-Kommission Binnenmarkt.

Rudolf Pfeiffer

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