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Green Convenience | Fahrerüberprüfung in der Logistik: Schlüsselstrategie für Sicherheit, Compliance und Effizienz

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Fahrerüberprüfung in der Logistik: Sicherheitslücke oder Standardprozess?

Die Logistikbranche steht zunehmend vor sicherheitsrelevanten Herausforderungen, die über klassische Supply-Chain-Optimierung hinausgehen. Neben strukturellen Engpässen wie Personalmangel, Fachkräfteschwund und Digitalisierungslücken rücken sicherheitsbezogene Aspekte wie Identitätsbetrug, Fahrerfluktuation und Datenschutzvergehen in den Fokus. Die systematische Überprüfung von Fahrern ist damit nicht mehr nur ein Aspekt der Personalverwaltung, sondern Teil einer umfassenden Risikosteuerung entlang der Lieferkette.

Relevanz der Fahreridentifikation im Risikomanagement

Die Transport- und Zustellbranche ist überdurchschnittlich anfällig für Betrugs- und Diebstahlsdelikte. Nach Angaben der Allianz Global Corporate & Specialty (AGCS) stellt der „Mensch als Schwachstelle“ bei Transportversicherungen einen der zentralen Risikofaktoren dar (AGCS, 2023). In der Praxis zeigt sich dies unter anderem durch die Verwendung gefälschter Führerscheine, die Mehrfachanmeldung von Fahrern unter unterschiedlichen Identitäten oder das unkontrollierte Beschäftigen von Personen mit negativen Vorfällen in der Vergangenheit.

Eine Untersuchung von ap-datenschutz.de berichtet, dass etwa 84 % der betrugsbedingten Versicherungsforderungen in der Logistik im Zusammenhang mit gefälschten Identitäten oder unvollständiger Dokumentenprüfung stehen (AP Datenschutz, 2023). Dieser Befund verdeutlicht, dass die Identitätsverifikation nicht nur ein rechtliches, sondern auch ein wirtschaftliches Gebot ist.

Komplexität durch hohe Fluktuation und fehlende Vernetzung

Ein strukturelles Problem ergibt sich aus der in der Branche üblichen hohen Fluktuation: Laut einer Studie des Bundesverbandes Paket & Expresslogistik (BIEK) kann die jährliche Wechselquote bei Zustellfahrern je nach Subunternehmermodell bis zu 94 % betragen (BIEK, Branchenreport 2023). In vielen Fällen ist dabei nicht nachvollziehbar, ob ein Fahrer bereits bei einem anderen Unternehmen negativ aufgefallen ist – insbesondere bei der Beschäftigung über Dritte oder externe Personaldienstleister.

Dies führt zu einem Sicherheitsdefizit, das durch mangelnde Vernetzung von Sicherheitsinformationen und uneinheitliche Prüfverfahren weiter verschärft wird. Es existiert bisher kein branchenweit standardisiertes Verfahren zur unternehmensübergreifenden Risikobewertung von Fahrern, das datenschutzkonform implementiert werden kann.

Datenschutz und Compliance: Eine doppelte Herausforderung

Neben sicherheitsbezogenen Risiken stellen auch datenschutzrechtliche Anforderungen ein bedeutendes Hindernis dar. Nach Art. 5 und Art. 17 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) dürfen personenbezogene Daten nur solange gespeichert werden, wie sie für den Zweck der Verarbeitung notwendig sind. In der Praxis unterlassen Unternehmen jedoch häufig die fristgerechte Löschung, was zu erheblichen Bußgeldern führen kann. So wurde ein deutsches Logistikunternehmen im Jahr 2024 mit einer Strafe von 294.000 Euro belegt, unter anderem wegen der zu langen Speicherung von Beschäftigtendaten (Quelle: ap-datenschutz.de/news/top-5-datenschutz-busgelder-2024).

Auch die Datenschutzaufsichtsbehörden bestätigen die wachsende Sensibilität für Verstöße in der Logistikbranche. Gemäß Art. 83 DSGVO können Bußgelder bis zu 20 Millionen Euro oder 4 % des weltweiten Jahresumsatzes betragen (vgl. bussgeldkatalog.org).

Der technische Lösungsansatz: Automatisierung und branchenübergreifende Risikobewertung

Zur Schließung der bestehenden Sicherheitslücken bedarf es einer technischen Infrastruktur, die eine automatisierte Identitäts- und Dokumentenverifikation mit unternehmensübergreifender Risikoeinschätzung kombiniert. Die Integration von KI-basierten Prüfroutinen sowie Echtzeit-Warnsystemen erlaubt es, Risiken frühzeitig zu erkennen und gezielt zu steuern. Solche Systeme sollten dabei folgende Anforderungen erfüllen:

  1. Automatisierte Validierung von Ausweisdokumenten (Führerscheine, Arbeitsgenehmigungen)
  2. Betrugserkennung durch Musterabgleich und Mehrfachidentitäten
  3. Vergabe eines Risikoprofils mittels objektivem Bewertungssystems
  4. DSGVO-konforme Datenhaltung inklusive automatischer Löschung
  5. Unternehmensübergreifende, datenschutzkonforme Informationsaustauschplattform

Ein solches System erlaubt es, relevante Sicherheitsinformationen effizient zu nutzen, ohne gegen Datenschutzbestimmungen zu verstoßen. Ziel ist ein risikoadaptives Fahrermanagement, das sich flexibel an Fluktuationen und neue Sicherheitsanforderungen anpasst.

Fazit

Die Anforderungen an Sicherheits- und Compliance-Standards in der Logistik steigen kontinuierlich. In einer Branche, die von Geschwindigkeit, Vertrauen und operativer Effizienz geprägt ist, wird die systematische Fahrerüberprüfung zu einem zentralen Element des Risikomanagements. Der Einsatz automatisierter, datenschutzkonformer Technologien zur Identitätsverifikation und Risikobewertung ist dabei nicht nur eine Reaktion auf regulatorische Anforderungen, sondern ein strategischer Hebel zur Steigerung von Sicherheit, Transparenz und Wirtschaftlichkeit.

Quellen:

 

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