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Kombibus im September gestartet (Constantin Pitzen)

KEP aktuell 4/2012

Waren für regionale Läden reisen künftig mit dem Linienbus – auch Post könnte so befördert werden

Die Uckermärkische Verkehrsgesellschaft (UVG) kombiniert seit September die Beförderung von Personen und Gütern in einem Bus. Der Busverkehr soll als mobile Versorgungsinfrastruktur einen zusätzlichen Beitrag zur Daseinsvorsorge im ländlichen Raum leisten – und muss dafür nicht einmal neue Kapazitäten aufbauen: Haltestellen, freier Frachtraum in den Fahrzeugen und ein regelmä- ßiger Fahrplan sind ohnehin vorhanden. Das kommt nicht nur der Region, sondern auch den Fahrgästen zugute. Die neue Aufgabe hilft gleichzeitig, die Busverbindungen finanziell zu sichern und insbesondere auch außerhalb des Schülerverkehrs eine Bedienung zu ermöglichen.

1. Hintergrund demographischer Wandel

Mit einer Dichte von 44 Einwohnern je Quadratkilometer hat der Landkreis Uckermark das Ende der demografischen Entwicklung längst nicht erreicht. Bis 2030 kehrt sich die Alterspyramide beinahe um: In naher Zukunft werden hier mehr Menschen in einem Alter über 60 Jahren leben als unter 30. Zudem wird das Gebiet erneut etwa ein Viertel seiner Bevölkerung verlieren. Doch wo weniger Menschen leben, da wird der Erhalt von Infrastrukturen immer teurer. Für sämtliche Versorgungsnetze steigen die Pro-Kopf-Kosten dramatisch. Einrichtungen konzentrieren sich in Mittel- oder Oberzentren, an zentralen Standorten mit genügend Kundenpotenzial. Postfiliale, Lebensmittelgeschäft, Bank, Frisör, Arzt und alle anderen ziehen sich aus der Fläche zurück – und lassen weite Landstriche unter- oder gar unversorgt zurück.

2. Projekt KombiBus in der Uckermark

Im Rahmen der Demografiestrategie der Bundesregierung hat die Arbeitsgemeinschaft KombiBus (Interlink GmbH, Fahrplangesellschaft B&B mbH und raumkom) im Auftrag der UVG mit Finanzierung durch das Bundesministerium des Innern den KombiBus entwickelt. Im Zentrum des Projektes steht der Nachweis, dass es machbar ist, die Wirtschaftlichkeit des ländlichen Busverkehrs durch die Kombination mit der Güterbeförderung zu verbessern. In zahlreichen Gesprächen mit Lebensmittellogistikern, Gesundheitsdienstleistern, KEPDiensten und touristischen Leistungsträgern wurde deutlich, dass der KombiBus für zahlreiche Branchen die Folgeprobleme des demografischen Wandels abmildern kann. Der Ansatz für den KombiBus in der Uckermark ist, vorhandene Fahrzeuge einzusetzen, heutige Fahrplanfahrten zu nutzen und dabei keine spezielle Infrastruktur aufzubauen. Daraus ergeben sich Restriktionen: Zum Einsatz kommen nur Linienbusse mit Kofferräumen oder Busanhänger mit max. 3,5 t zul. GM. Gleichzeitig werden die Fahrpläne der UVG schrittweise auf einen Integralen Taktfahrplan (ITF) umgestellt, der an Knotenpunkten im Netz auf Anschlüsse in alle Richtungen optimiert ist und damit die Nutzbarkeit des Busverkehrs für die Güterbeförderung verbessert.

3. Erste Betriebserfahrungen

Der erste KombiBus-Kunde ist Q-Regio, eine Vertriebskette regionaler Lebensmittel mit Sitz in Bandelow, Landkreis Uckermark. Es wurden auf Basis der Anforderungen des Kunden Fahrplanfahrten festgelegt, bei denen die Güterbeförderung fest eingeplant ist. Dies umfasst den Zeitbedarf für die Be- und Entladung, die Regelung der Umladevorgänge an den Busbahnhöfen (Hub des Busverkehrs), und die Bereitstellung der Frachtraumkapazität. Der Betriebsablauf ist derzeit wie folgt: Im Regelfall werden die Transporte am Vortag bis 18 Uhr bei der UVG-Disposition angemeldet. Vormittags, nach dem Schülerverkehr, stoppt ein Linienbus vor der Käserei oder auf dem Gelände eines Gutshofes, die Waren werden eingeladen. Am Busbahnhof werden die Sendungen zwischen mehreren Bussen in verschiedenen Richtungen ausgetauscht, ggf. zwischengelagert. Der Busbahnhof Prenzlau ist der erste KombiBus-Hub, weitere Busbahnhöfe in der Uckermark folgen. Die Transporte finden grundsätzlich taggleich statt. Im Bedarfsfall können Transporte bis 60 Minuten vor der Abfahrtszeit des Busses an der jeweiligen Haltestelle angemeldet werden, wobei die Machbarkeit von der UVG-Disposition geprüft wird. Die Transporte laufen stabil, bislang sind alle Transporte planmäßig angekommen. Die Verspätungen liegen i.d.R. unter 5 Minuten. Über das GPSgestützte RBL-System erfolgt ein ständiger SollIst-Vergleich der Fahrzeiten aller 130 Fahrzeuge, um im Bedarfsfall schnell reagieren zu können.

4. Ausblick

Nach den ersten Betriebserfahrungen stehen die KombiBus-Frachträume für weitere gewerbliche Kunden aus den unterschiedlichsten Branchen zur Verfügung – auch für KEP-Dienste in der Uckermark und anderswo. Es zeichnen sich ab, dass eine Kooperation mit dem Einzelhandel (z.B. Dorfladen) als Annahme und Abholstation die Nutzbarkeit der KombiBusse für die Güterbeförderung weiter verbessert. Dabei wird die Haustürzustellung immer Restriktionen unterworfen sein, weil bei der Doppelnutzung von Fahrzeugen die Verhältnismäßigkeit zu gewährleisten ist. Bei künftigen Anwendungen wird zu untersuchen sein, in welchen Fällen eine Zustellung an der Haustür durch den KombiBus möglich ist. Ein weiteres Thema ist aktuell die Professionalisierung der Disposition. Die Software zur Steuerung von Rufbussen (flexibler Linienweg, flexible Zeit) wird derzeit um eine Komponente für die Buchung der Frachträume und eine Schnittstelle für die Buchung über das Internet ergänzt. Im Rahmen eines LandZukunft-Projektes werden Transporte künftig von regionalen Lebensmittelerzeugern in der Uckermark auf einem Betriebshof der UVG für die Weiterbeförderung nach Berlin konsolidiert. Dies zeigt, wie Busse und Fahrzeuge des Güterverkehrs arbeitsteilig taggleiche und gleichzeitig kostengünstige Transporte realisieren können.

Constantin Pitzen, Johannes Reimann, Anja Sylvester

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