BdKEP fragt nach
Die Europawahl 2024 steht vor der Tür, und die politischen Parteien bereiten ihre Programme und Prioritäten vor. In diesem Zusammenhang hat der Bundesverband der Kurier-Express-Post-Dienste e.V. (BdKEP) eine Reihe von Fragen an die Parteien gerichtet, um deren Positionen zu wesentlichen Themen zu erfahren, die unsere Branche und die mittelständischen Unternehmen betreffen. Diese Fragen adressieren zentrale Herausforderungen und Chancen, die sich aus der europäischen Politik ergeben.
Zentrale Fragen an die Parteien
1. Risiko hoher CO2-Preise und Nutzung der Einnahmen Eine der wichtigsten Fragen betrifft das Risiko sehr hoher CO2-Preise von über 200 Euro pro Tonne nach dem Start des Zertifikathandels ETS 2 im Jahr 2027. Wir wollten wissen, wie die Parteien zu diesem Risiko stehen und ob die Einnahmen zur Unterstützung mittelständischer Unternehmen genutzt werden sollen.
2. Verbrennerausstieg 2035 und leichte Nutzfahrzeuge Ein weiteres bedeutendes Thema ist der geplante Ausstieg aus Verbrennungsmotoren bis 2035, insbesondere im Hinblick auf leichte Nutzfahrzeuge bis 3,5 Tonnen. Wir haben nach den Standpunkten der Parteien zur anstehenden Evaluation der Entscheidungen im Jahr 2026 gefragt.
3. Anerkennung von Lastenrädern als emissionsfreie Fahrzeuge Wir fragten die Parteien nach ihrer Meinung zur Integration von Lastenrädern als emissionsfreie Fahrzeuge in die überarbeitete Richtlinie, um deren Beschaffung zu fördern und anzuerkennen.
4. Europäische Lieferkettenrichtlinie und CSRD Die Umsetzung der europäischen Lieferkettenrichtlinie sowie der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) ist ein weiteres zentrales Thema. Hier interessierte uns, welche Prioritäten die Parteien setzen.
5. Mindestlohnrichtlinie und Tarifbindung Die Mindestlohnrichtlinie und Maßnahmen zur Steigerung des Mindestlohns sowie der Tarifbindung standen ebenfalls im Fokus unserer Fragen. Wir wollten wissen, welchen Änderungsbedarf die Parteien sehen.
6. Einheitliche Umsetzung des Mobilitätspakts 2 Wir fragten nach den Standpunkten und Prioritäten der Parteien bei der europaweit einheitlichen Umsetzung des Mobilitätspakts 2.
7. Entwicklung und Weiterentwicklung von Normen Ein weiteres wichtiges Thema ist die Entwicklung und Weiterentwicklung nationaler, europäischer und internationaler Normen. Wir wollten erfahren, wie die Parteien die Normung unterstützen können, um das zusätzliche Berichtswesen effizient abzuwickeln.
8. Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit mittelständischer Unternehmen Schließlich interessierte uns, wie die Parteien die Wettbewerbsfähigkeit mittelständischer Unternehmen angesichts der Herausforderungen des Klimawandels stärken wollen. Anders als Großkonzerne haben mittelständische Unternehmen oft eine schlechtere Bonität und weniger Ressourcen für notwendige Investitionen.
Fazit
Erfreulicherweise haben zahlreiche Parteien auf unsere Fragen geantwortet und ihre Standpunkte dargelegt. Nicht geantwortet haben hingegen die AfD, BSW, Volt und die Freien Wähler. Mit diesen Fragen und den Antworten der Parteien geben wir unseren Mitgliedern und der interessierten Fachöffentlichkeit einen Überblick über die politischen Positionen zur Europawahl 2024. Es ist entscheidend, dass wir die verschiedenen Standpunkte verstehen, um informierte Entscheidungen treffen zu können.
In den folgenden Abschnitten werden wir die detaillierten Antworten der Parteien auf unsere Fragen zu finden. Wir bleiben dran, wenn die Politik die Zukunft unserer Branche in der nächsten Legislaturperiode gestaltet.
Frage 1
Wie steht die Partei zu dem Risiko von sehr hohen CO2 Preisen von über 200 Euro/t nach dem Start des Zertifikathandels 2027 durch den ETS 2? Was passiert mit den Einnahmen, werden diese zur Stützung mittelständischer Unternehmen genutzt?
Die SPD hat die Einführung des ETS2 kritisch begleitet. Nur dank der Sozialdemokrat*innen gibt esüberhaupt soziale Sicherungsmechanismen, wie den Klimasozialfonds; diese sind aber bei Weitemnoch nicht ausreichend. Leider ist auch die von uns präferierte Preisbremse von anderen Parteien imLaufe der Verhandlungen nicht konsequent mitgetragen worden. Die Erlöse, die nicht in den Klima-Sozialfonds fließen, kommen dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) zugute, der alsFinanzierungsinstrument einen zentralen Beitrag zur Erreichung der energie- und klimapolitischenZiele Deutschlands leistet und in seinen Förderschwerpunkten der energetischen Gebäudesanierung,der Dekarbonisierung der Industrie sowie dem Ausbau der Erneuerbaren Energien, derElektromobilität und der Ladeinfrastruktur auch mittelständische Unternehmen unterstützt.
CDU und CSU setzen auf den Emissionshandel als marktwirtschaftliches Instrument. Nicht nur national mit der CO2-Bepreisung, sondern auch europäisch mit dem EU-ETS 1 und bald mit dem EU-ETS 2. Ergänzend braucht es einen sozialen Ausgleich, damit es hier nicht zu Verwerfungen kommt. Diesen sozialen Ausgleich sehen wir nicht nur für die Bürgerinnen und Bürger vor, sondern auch für kleine und mittelständische Unternehmen. In diesem Zusammenhang haben wir uns für die Einführung eines Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) eingesetzt. Die Implikationen des EU-ETS 2 wollen wir über den Sozialen Klimafonds hinaus nicht nur für Privathaushalte kompensieren.
Um unverhältnismäßig hohe Preise gerade in den ersten Jahren des europäischen Emissionshandels für Gebäude und Verkehr zu verhindern, haben wir eine Schutzklausel verhandelt. Es gibt einen Mechanismus, der zur Versteigerung von zusätzlichen Zertifikaten führt, falls der Preis zu schnell zu stark ansteigt oder der Preis eine Obergrenze von 45 EUR während eines Zeitraums von 2 Monaten überschreitet. Die Versteigerung von zusätzlichen Zertifikaten sollte zu einem Rückgang des Preises führen. Um ein weiteres Ansteigen des CO2-Preises zu verhindern, braucht es zusätzliche Maßnahmen außerhalb des ETS-Regimes, wie den beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien, erhöhte Energieeffizienz und die schnelle Marktdurchdringung klimafreundlicher Technologien.
Ein Großteil der Einnahmen aus dem Emissionshandel geht an die Mitgliedstaaten, die damit Klimaschutzmaßnahmen finanzieren müssen. Dazu zählt, mittelständische Unternehmen in der Wende hin zur Klimaneutralität zu unterstützen.
Für die FDP ist der Emissionshandel das Kerninstrument der Klimapolitik. Der Zertifikatspreis bewirkt einen starken Anreiz, in CO2-reduzierende Maßnahmen zu investieren, genau dort, wo die geringsten Kosten pro eingesparter Tonne CO2 verursacht werden. Das vermindert die Gesamtkosten der Klimapolitik gegenüber ordnungsrechtlichen Maßnahmen und Subventionen, die aktuell zumeist ohne Rücksicht auf die zu erwartenden Kosten praktiziert werden. Wichtig ist der FDP, dass gleichzeitig eine soziale Kompensation der steigenden Klimaschutzkosten erfolgt. Das gelingt nach Auffassung der FDP am besten über ein Klimageld, das pro Kopf an jeden Bürger aus den Einnahmen der Versteigerung der CO2-Zertifikate gezahlt wird. Ein Teil der Einnahmen sollte in die Forschung und Entwicklung von Klimaschutztechnologien fließen, die auch zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit mittelständischer Unternehmen beitragen. Zudem wollen wir alle überflüssigen Regulierungen abbauen und für weniger Bürokratie und eine signifikante Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren sorgen. Mittelfristig wollen wir ein internationales Emissionshandelssystem etablieren, um global Kosten zu sparen und faire Wettbewerbsbedingungen der europäischen Wirtschaft zu erhalten.
Die EU hat beschlossen, den europäischen Emissionshandel auf die Bereiche Wärme und Energie auszuweiten. Wir lehnen das ab: Stattdessen müssen verbindliche Klimaziele und Emissionsgrenzen gesetzt werden. Förderprogramme und staatliche Infrastrukturprogramme müssen den Umbau in den Sektoren unterstützen. Wir brauchen einen gesetzlich regulierten Rahmen in den Sektoren Wärme und Verkehr für mehr soziale Gerechtigkeit und einen schnelleren ökologischen Umbau. Viele sind auf funktionierende Alternativen angewiesen, um vom Auto umzusteigen. Die gibt es oft nicht, weil sie zu wenig gefördert werden. Die Einnahmen aus dem ETS 2 sollen in den Klimasozialfonds fließen: Diesen wollen wir ausweiten, um Ungerechtigkeit durch Preissteigerungen auszugleichen und Alternativen wie (kostenlosen) öffentlichen Nahverkehr auszubauen. Selbstverständlich wollen wir mittelständische Unternehmen beim sozial-ökologischen Umbau unterstützten - aber diese Unterstützung an soziale und ökologische Kriterien koppeln.
Die ÖDP fordert eine Ökosoziale Steuerreform, die die Inanspruchnahme von Ressourcen stärker belastet und dafür den Faktor Arbeit, also z. B. die Einkommenssteuer, entlastet. Ein wirksamer CO2-Preis ist also grundsätzlich im Interesse der ÖDP, um die Kostenwahrheit zu verbessern und möglichst schnell auf das Niveau der zu erwartenden Schadenskosten der emittierten Treibhausgase zu erhöhen. Die Treibhausgasbepreisung muss sozialverträglich ausgestaltet werden. Die ÖDP fordert hierfür eine Klimadividende, die allen Bürgerinnen und Bürgern ausgezahlt wird.
Eine gekoppelte vorgabenfreie Subventionierung des Mittelstands stünde im Konflikt mit der beabsichtigten Wirkung und ist daher nicht sinnvoll. Allerdings wollen wir den Umstieg auf eine klimaneutrale Wirtschaft durch weitere Instrumente fördern, etwa durch die bevorzugte Behandlung von Energiegemeinschaften, die ausschließlich erneuerbare Energien nutzen, wovon lokale kleine und mittelständige Unternehmen profitieren können.
Frage 2
Wie steht die Partei zum Thema Verbrennerausstieg 2035? Welche Standpunkte bzgl. leichter Nutzfahrzeuge bis 3,5 t zeichnen sich für die anstehende Evaluation der Entscheidungen in 2026 ab?
Wie steht die Partei zum Thema Verbrennerausstieg 2035? Welche Standpunkte bzgl. leichter Nutzfahrzeuge bis 3,5 t zeichnen sich für die anstehende Evaluation der Entscheidungen in 2026 ab? Der Großteil der Automobilindustrie hat sich, auch bei den leichten Nutzfahrzeugen, auf den Ausstieg 2035 oder sogar noch früher eingestellt. Wenn man diese einmal geschaffene Planungssicherheit jetzt wieder untergraben würde, würde dies bedeuten, dass diese deutsche Kernindustrie den Anschluss an den internationalen Wettbewerb verlieren würde. Außerdem sollte insbesondere die Elektrifizierung von größeren Flotten aktiv unterstützt werden.
Das sogenannte „Verbrennerverbot“ halten wir für falsch und wollen eine Zukunftsperspektive für den sauberen Verbrennungsmotor schaffen. Wir stehen zum Auto, unabhängig von der Antriebsart. Wir wollen die deutsche Spitzentechnologie des Verbrennungsmotors erhalten und technologieoffen weiterentwickeln. Synthetische Kraftstoffe spielen dafür eine zentrale Rolle.
Dass Neuwagen bis 3,5 t ab 2035 klimaneutral sein müssen, ist ein historischer Erfolg für den Klimaschutz, den wir nicht aufs Spiel setzen dürfen. Er gibt der Automobilindustrie die nötige Planungssicherheit, um zu investieren. Alle großen Automobilhersteller bekennen sich zum E-Auto, denn es ist die energieeffizienteste und eine der günstigsten Maßnahmen, um die Verkehrsemissionen zu senken. Alternative Kraftstoffe auf Basis von Strom und grünem Wasserstoff, wie E-Fuels, müssen wir prioritär dort einsetzen, wo es keine klimafreundlichen und effizienteren Alternativen gibt, das heißt im Luft- und Seeverkehr. Dennoch werden diese Kraftstoffe im Straßenverkehr weiterhin zur Erfüllung der Treibhausgasminderungsquote angerechnet und damit gefördert. Dadurch können sie im Straßenverkehr einen Beitrag zur Treibhausgasminderung der Bestandsflotte leisten.
Wir Freie Demokraten halten das von der EU-Kommission unter der Führung von Ursula von der Leyen (CDU) ins Leben gerufene Verbrennerverbot für einen schweren Fehler. Nur durch unser Veto muss die EU-Kommission im Jahr 2026 beim Verbrennerverbot für PKW eine Revision durchführen. Wir sind der Auffassung, dass es rückgängig gemacht werden sollte. Wir Freie Demokraten wollen alle Technologien und Entwicklungen in den Blick nehmen, um das Auto klimaneutral zu machen, denn durch Verbote und einseitige Vorgaben schaden wir nicht nur unserer Automobilindustrie, sondern schränken auch die Bürger unverhältnismäßig ein. Die FDP hat auf nationaler Ebene in Regierungsverantwortung dafür gesorgt, dass alternative Kraftstoffe wie HVO 100 in Reinform getankt werden können, denn vor allem die Bestandsflotte kann nur mit alternativen Kraftstoffen CO2-neutral gemacht werden.
Die rechten und konservativen Parteien machen Stimmung gegen das Verbrenner-Aus. Mit ihren Lügen lenken sie von den echten Lösungen ab. Die EU und neoliberale Parteien setzen auf CO2 Preise und Verbrenner-Aus - ohne bezahlbare Alternativen zu stärken, ist das sozial ungerecht. Das Verbrenner-Aus ist trotzdem notwendig, denn wir müssen raus aus den fossilen Energieträgern und Planungssicherheit schaffen - das ist auch im Interesse der Autoindustrie. Der Wirkungsgrad von E-Autos ist ca. dreimal höher als bei E-Fuels – lieber den Strom direkt fürs E-Auto nutzen, denn die wenigen E-Fuels, die es geben wird, werden wir für den Schiffs- und Flugverkehr brauchen. Das gilt grundsätzlich auch für Transporter und leichte Nutzfahrzeuge - leider lässt die Reichweite und der Preis von E-Transportern bisher oft zu wünschen übrig. Die Politik darf hier die Dienstleister nicht im Stich lassen, sondern muss diese bei der Umstellung auf (teurere) elektrisch betriebene Transporter unterstützen.
Die ÖDP spricht sich für ein Ende von Neuzulassungen für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren ab 2027 und eine Umstellung der Mobilität auf erneuerbare Energien bis 2030 aus. Der Einsatz synthetischer Kraftstoffe soll auf den Schwerlastverkehr, nötigen Flug- und Schiffsverkehr u. A. begrenzt werden, bei denen eine direkte Elektrifizierung schwer möglich ist.
Frage 3
Welchen Standpunkt hat ihre Partei dazu, dass in der Überarbeitung der Richtlinie Lastenräder als Beschaffung emissionsfreie Fahrzeuge integriert und damit anerkannt werden?
Lastenräder können einen wichtigen Beitrag zur Dekarbonisierung des innerstädtischen Lieferverkehrs leisten. Die SPD unterstützt die Aufnahme in die CVD unter einem separaten Zielwertbei der Evaluation der Richtlinie in 2027.
Die Bundesländer sind frei in ihrer Entscheidung, entsprechend den bestehenden Verwaltungsebenen (Regierungsbezirke, Kreise bzw. Landkreise, (kreisfreie) Städte und Gemeinden) hinsichtlich der Einhaltung der Mindestziele der Richtlinie zu differenzieren. Diesen Schritt halten wir für sinnvoll.
Gerade in Städten bieten Lastenräder viel Potential, um den Verkehr von Gütern effektiv und klimafreundlich zu gestalten. Wir unterstützen deshalb ausdrücklich, dass Lastenräder als emissionsfreie Fahrzeuge anerkannt werden sollen. Darüber hinaus fordern wir eine europäische Fahrradstrategie, die die regionale Wirtschaft stärkt und die Mitgliedstaaten verpflichtet, endlich sichere Fahrradinfrastruktur zu gewährleisten. So schaffen wir die Bedingungen, um das Potential von Fahrrädern und E-Bikes für die erste und letzte Meile sowie für semi-urbane Strecken voll ausnutzen.
Die Europäische Clean Vehicles Directive (CVD) verpflichtet die öffentliche Hand sowie einzelne spezifische Dienstleister wie Postzusteller dazu, dass neu angeschaffte Fahrzeuge zukünftig emissionsarm oder -frei sein müssen. In Deutschland wird diese Richtlinie durch das Saubere-Fahrzeuge-Beschaffungs-Gesetz (SaubFahrzeug-BeschG) mit dem Ziel, die Beschaffung von emissionsarmen und -freien Straßenfahrzeugen zu fördern, umgesetzt.
Damit wird ein Impuls zur Reduzierung der CO2-Emissionen im Straßenverkehr gesetzt. Wir Freie Demokraten unterstützen den Effekt der damit erstrebten Nachfragesteigerung von emissionsarmen und -freien Straßenfahrzeugen zum Markthochlauf und zur Stärkung von deren Wettbewerbsfähigkeit sowie zur Erreichung der Klimaziele. Wir wollen zur Reduzierung der CO2-Emissionen in Fahrzeugflotten beitragen. Die CVD ist ein Hebel alle zur Verfügung stehenden Technologien für Straßenfahrzeuge, wie Pkw, leichte und schwere Nutzfahrzeuge und Busse, zu nutzen, um Klimaschutz zu erreichen. Insofern ist aus unserer Sicht die Aufnahme bzw. Anerkennung von Lastenrädern in die CVD bei einer Überarbeitung nicht zielführend.
Die Clean Vehicles Directive (CVD) ist ein richtiger Schritt, um die Fahrzeugflotten der öffentlichen Hand zu dekarbonisieren. Wir unterstützen, dass Lastenräder in die CVD integriert werden, denn wir setzen uns insgesamt dafür ein, in möglichst vielen Anwendungsbereichen weg von Kraftfahrzeugen und hin zu emissionsarmen und ressourcensparenden Verkehrsmitteln zu kommen. Wenn eine Lieferung genauso gut mit einem Lastenrad transportiert werden kann wie mit einem Transporter, ist es dann nicht logisch, diese mit dem Lastenrad auszuliefern? Seit neuestem gibt es sogar Lastenräder mit Überdachung, das schützt vor Wind und Wetter. Aber selbstverständlich wird es nicht möglich sein, in allen Anwendungsbereichen Lastenräder einzusetzen.
Die ÖDP strebt eine Reduzierung des europäischen Fahrzeugbestands auf 150 Mio. PKW im Jahr 2035 an. Fahrräder und Lastenräder sind für viele Wege eine adäquate und umweltfreundliche Alternative, sodass deren Berücksichtigung in Beschaffungsvorgaben folgerichtig ist.
Frage 4
Welche Prioritäten setzt ihre Partei bei der Umsetzung der europäischen Lieferkettenrichtlinie sowie der CSRD?
Während der Verhandlungen zur europäischen Lieferkettenrichtlinie haben wir uns dafür eingesetzt, die Kompatibilität mit der CSRD zu gewährleisten und eine Dopplung von Berichtspflichten zu vermeiden. Gleichzeitig muss eine effektive Umsetzung ein echtes Mehr an Schutz für Menschen und Umwelt vor Ausbeutung weltweit bedeuten, inklusive des Zugangs zur Justiz für Opfer weltweit und einer stärkeren Einbindung von Gewerkschaften und zivilgesellschaftlichen Organisation bei der Bekämpfung von Missständen.
CDU und CSU kritisieren seit längerer Zeit die bürokratische Belastung insbesondere der kleinen und mittleren Unternehmen infolge des EU-Lieferkettengesetzes. Daher lehnen wir das Gesetz ab. Es sollte zumindest bürokratiearm umgesetzt werden. Um kleine und mittlere Unternehmen nicht übermäßig zu belasten, sollte das nationale Lieferkettengesetz bis zum Inkrafttreten der EU-Lieferkettenrichtlinie und bis zu dessen Ersetzung durch das Umsetzungsgesetz der EU-Lieferkettenrichtlinie vollständig ausgesetzt werden.
Bei der Umsetzung der CSRD und des europäischen Lieferkettengesetzes ist es wichtig darauf zu achten, dass es einen sinnvollen Übergang vom deutschen Lieferkettengesetz in die europäischen Gesetze gibt - vor allem bei den veränderten Berichtspflichten. Wir wollen sicherstellen, dass Unternehmen sich nicht in einem Wust von unterschiedlichen Systemen verirren und gleichzeitig die inhaltlichen Rahmenpunkte der Gesetze erfüllen. Auch ist es für uns wesentlich, dass der risikobasierte Ansatz auch wirklich so umgesetzt wird, damit Unternehmen dort hinschauen, wo die Gefahr einer Verletzung der Menschenrechte oder Zerstörung der Umwelt am höchsten ist und sie nicht in sinnlosen Checklisten untergehen. Weiterhin werden wir darauf achten, dass die Umsetzung auf dem EU-Binnenmarkt möglichst homogen verläuft. Zum Schluss ist es uns wichtig, dass bei der Umsetzung mögliche Unklarheiten bereinigt werden, damit Unternehmen möglichst viel Rechtssicherheit haben.
Wir Freie Demokraten setzen uns für eine praktikable Umsetzung der europäischen Lieferketten-Richtlinie ein, die insbesondere den deutschen Mittelstand nicht überfordert, bürokratiearm ist und Wachstumspotenziale nicht konterkariert. Hierfür ist es erforderlich sämtliche Spielräume zu eruieren, die eine unverhältnismäßige und praxisferne Belastung für die Wirtschaft verhindert. Daher sollte das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) bis zum Inkrafttreten der EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) ausgesetzt werden.
Die Linke setzt sich für ein effektives europäisches Lieferkettengesetz ein, das wirksam gegen Kinderarbeit, Ausbeutung, Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden vorgeht und klare Sorgfaltspflichten für Unternehmen vorschreibt. Auch eine ausführliche Nachhaltigkeitsberichterstattung kann helfen soziale und ökologische Standards zu verbessern. Ein starkes Lieferkettengesetz hilft auch europäischen Unternehmen Wettbewerbsnachteile gegenüber anderen Unternehmen auszugleichen, die durch die Verletzung von Sozial- und Umweltstandards ihre Kosten senken.
Das EU-Lieferkettengesetz muss sowohl ökologische als auch sozial hohe Standards vorschreiben. Der Import von Gütern in die EU, die diese Standards verletzen, muss grundsätzlich verboten werden und auf alle Unternehmen ausgedehnt werden, die der Pflicht zur Finanzberichterstattung unterworfen sind. Die Beweislast muss beim Unternehmen liegen, um nachzuweisen, ob es verantwortlich gehandelt hat oder nicht.
Frage 5
Welche Standpunkte hat bzw. welche Prioritäten setzt ihre Partei bei der Umsetzung derMindestlohnrichtlinie? Welche Rolle spielen die Maßnahmenpläne der europäischen Regierungenzur Steigerung des Mindestlohns sowie der Tarifbindung? Welchen Änderungsbedarf sehen Sie?
Wer Vollzeit arbeitet, muss von der Bezahlung leben können. Dafür war die EU-Mindestlohnrichtlinie ein wichtiger Schritt. Ziel ist, dass 80 Prozent der Beschäftigten von Tarifverträgen erfasst werden, da sie für bessere Bezahlung und Arbeitsbedingungen sorgen. Flankiert von zusätzlichen Regelungen wie der Richtlinie zur Plattformarbeit ist die Regelung ein Meilenstein auf dem Weg zu einemsozialen Europa. Auch wenn die Umsetzungsfrist für die Mitgliedsstaaten noch bis November 2024läuft, belegen Studien bereits heute ihre Wirkung auf die nationalen Mindestlöhne. Trotzdem sind die meisten EU-Länder noch weit von den Schwellenwerten der Richtlinie entfernt, so dass sie Maßnahmen greifen müssen, um ihre Verpflichtungen einzuhalten. In Bulgarien wurden die
Schwellenwerte hierzu beispielsweise in die nationale Mindestlohngesetzgebung übernommen. Die Umsetzung der Richtlinie muss die Kommission genauestens überwachen.
Auch nach Rechtsauffassung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales entspricht das heutige deutsche Mindestlohngesetz der europäischen Richtlinie über angemessene Mindestlöhne. Für die Festlegung des Mindestlohns sind auch künftig die Mitgliedstaaten zuständig. Wir wollen unabhängig von der Richtlinie die Tarifbindung in Deutschland erhöhen, z. B. durch Stärkung der Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen, durch deklaratorische Tariftreueregelungen und durch ein bundesweit einheitliches branchenübergreifendes „Tariftreuesiegel“.
Die Mindestlohnrichtlinie ist ein konkreter Erfolg des sozialen Europas für die wir uns sehr stark eingesetzt haben. Sie verpflichtet die Mitgliedstaaten dazu, angemessene Mindestlöhne nach klaren Kriterien festzulegen und das Ergreifen wirksamer Maßnahmen nachzuweisen. Wir wollen, dass die Mindestlohnrichtlinie in Deutschland konsequent umgesetzt wird und die Empfehlung, den Mindestlohn an 60 Prozent des Medianlohns zu koppeln, als verbindliche Vorgabe innerhalb der Richtlinie verankert wird. So würde der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland und anderen Mitgliedstaaten spürbar steigen und auch in Zukunft einen effektiven Mindestschutz für Beschäftigte bieten. Darüber hinaus soll mit der Richtlinie die Tarifbindung verbindlich gestärkt werden: Mitgliedstaaten mit einer tarifvertraglichen Abdeckung von weniger als 80 Prozent müssen einen Aktionsplan vorlegen. Das werden wir auch in Deutschland umsetzen und damit Gerechtigkeit in der Mitte der Gesellschaft stärken, denn auch in Deutschland ist die Reichweite von Tarifverträgen in den letzten Jahrzehnten stark zurückgegangen und liegt nunmehr unter 50%.
Wir Freie Demokraten sind überzeugt, dass Arbeitsmarktpolitik zu Recht Aufgabe der Mitgliedstaaten ist. In Deutschland wird die Höhe des Mindestlohnes durch die Tarifvertragsparteien in der Mindestlohnkommission ermittelt. Generell ist die Lohnfindung die ureigenste Aufgabe der Tarifvertragsparteien und nicht des Staates. Nur in Fragen, die tatsächlich eine erhebliche grenzüberschreitende Bedeutung für den Binnenmarkt oder die Freizügigkeit haben, ist die EU politisch gefordert.
Die Linke setzt sich für 15 Euro Mindestlohn ein. Er muss jährlich automatisch um die Inflation erhöht werden. Die Mindestlohnrichtlinie sieht zudem vor, dass 80 Prozent der Beschäftigten in jedem Land durch Tarifverträge geschützt werden sollen. In Deutschland ist es derzeit nur die Hälfte, die Bundesregierung ist hier also in der Pflicht zu handeln. Öffentliche Aufträge und öffentliche Unterstützung sollten nur an Unternehmen gehen, die Tarifverträge einhalten. Zudem müssen Tarifverträge leichter für allgemeinverbindlich erklärt werden können. Davon profitieren auch die Unternehmen, die gute Löhne zahlen - allgemeinverbindliche Tarifverträge schaffen gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Unternehmen und verhindern Dumping auf Kosten der Beschäftigten. Allgemeinverbindliche Tarifverträge gelten auch für entsandte Beschäftigte und erleichtern damit fairen Wettbewerb innerhalb der EU.
Die ÖDP befürwortet den Mindestlohn und fordert ein Niveau, das eine menschenwürdige Altersversorgung deutlich oberhalb der Grundsicherungsrente sicherstellt, wenn 45 Versicherungsjahre in Vollzeit-Erwerbsarbeit erreicht werden.
Frage 6
Welche Standpunkte hat bzw. welche Prioritäten setzt ihre Partei bei der europaweit einheitlichen Umsetzung des Mobilitätspakt 2?
Als Sozialdemokrat*innen fordern wir eine einheitliche und fachgerechte Umsetzung des Mobilitätspakets. Dazu gehören verstärkte und verbesserte Kontrollen auf der Straße. Die schlechten Arbeitsbedingungen und das Sozialdumping im Straßengüterverkehr tragen erheblich zur geringen Attraktivität dieses Berufsfelds bei. Zudem werden Arbeitskräfte aus Nicht-EU-Staaten massenhaft und systematisch ausgebeutet. Ein Beispiel hierfür ist Gräfenhausen in Hessen/Deutschland, das deutlich macht, mit welchen unzumutbaren Bedingungen wir es hier zu tun haben. Deshalb fordern wir die strikte Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten und eine faire und bessere Bezahlung! Die geltenden Vorschriften des Mobilitätspakts werden in der Praxis unzureichend umgesetzt, was zu Diskriminierung von Fahrer*innen sowie zu Wettbewerbsverzerrungen auf dem gesamten europäischen Transportmarkt führt. Wir fordern daher alle Mitgliedstaaten auf, die bestehenden Regeln bedingungslos einzuhalten.
Es ist grundsätzlich richtig, das Thema Fahrgastrechte anzupacken. Einschränkungen wie während der Corona-Pandemie oder auch die Thomas-Cook-Pleite haben bestehende Defizite deutlich aufgezeigt. Europa darf die Verbraucher nicht alleine lassen. Die neuen Regeln müssen für Reisende und Anbieter klar verständlich sein. Eine einheitliche Erstattung bei Reisen mit verschiedenen Verkehrsträgern wäre auf jeden Fall zu begrüßen.
Der Verkehrssektor ist der einzige Sektor, der noch immer steigende Emissionen verzeichnet. Deshalb wollen wir das EU-Mobilitätspaket 2 effektiv und europaweit einheitlich umsetzen. Dabei gilt es, den grenzüberschreitenden Güterverkehr effizienter, sicherer und sozialer zu gestalten. Klimafreundliche Optionen müssen gestärkt werden – so muss die Richtlinie zum Kombinierten Verkehr aus 1992 dringend modernisiert und überarbeitet werden. Die Bepreisung externalisierter Kosten, wie zum Beispiel bei der LKW-Maut, ist ein effektives Mittel, um klimafreundliche Optionen zu fördern. Ambitionierte Standards zur Reduzierung der CO2-Emissionen unterstützen zudem den wichtigen Wechsel zu emissionsfreien Antrieben. Ein weiterer wichtiger Baustein ist ein verbesserter, europaweit einheitlicher Verbraucher*innenschutz, insbesondere für Flug-, Bahn- und Busreisen.
Das Mobilitätspaket 2 muss neuen technischen Entwicklungen Rechnung tragen und deren rechtssichere Nutzung europaweit ermöglichen. Dabei muss Technologieoffenheit gewahrt und grenzüberschreitende Verkehre unbürokratisch ermöglicht werden. Ebenso muss bei der Regulierung darauf geachtet werden, dass Verkehrsträger nicht gegeneinander ausgespielt werden.
Mit den beiden Mobilitätspaketen hat die EU Sozialvorschriften für Lkw-Fahrer*innen eingeführt und verschärft. Im Zuge des Mobilitätspakts 2 ist unter anderem die Rückkehroption für Lkw-Fahrer*innen eingeführt worden. Die eingeführten Sozialvorschriften sind ein Schritt in die richtige Richtung - damit sie umgesetzt werden, müssen die Kontrollen von Lkw und Speditionen erheblich ausgeweitet werden, worauf die EU dringen muss. Wir fordern höhere Löhne, kürzere Lenkzeiten und mehr Ruhezeiten für die Lkw-Fahrer*innen. Wir wollen zudem, dass die Entsenderichtlinie auch für den Transportsektor gilt, sodass es keinen Wettbewerb nach unten bei den Arbeitsstandards und den Löhnen der Fahrer*innen aus unterschiedlichen Ländern gibt. Die internationalen Konzerne spielen die niedrigsten Lohnkosten global gegeneinander aus und nutzen die niedrigen Transportkosten. Dadurch stecken immer mehr Transportkilometer in den Produkten. Diese Absurdität des globalen Güterverkehrs muss beendet werden!
Die ÖDP hat zu dem konkreten Maßnahmenbündel keine ausdifferenzierte Position. Grundsätzlich sind für uns die Sicherstellung fairer Arbeitsbedingungen und ökologischer Mindeststandards nicht verhandelbar und gegenüber betriebswirtschaftlichen Interessen zu priorisieren. Das gilt entsprechend auch für den innereuropäischen Warenverkehr, welcher ohnehin von der Straße auf die Schiene und Wasserwege verlagert werden soll.
Frage 7
Welche Standpunkte hat bzw. welche Prioritäten setzt ihre Partei hinsichtlich der Entwicklung und Weiterentwicklung nationaler, europäischer und internationaler Normen. Wie kann Normung dabei helfen das zusätzliche Berichtswesen effizient abzuwickeln?
Die SPD setzt sich dafür ein, dass Deutschland und Europa attraktive Wirtschafts- und Industriestandorte bleiben, die Arbeitsplätze und den Wohlstand von morgen sichern. Standardisierung und Normen sind ein unerlässlicher Bestandteil davon. Unsere technologische Eigenständigkeit und Unabhängigkeit sind auch abhängig von der Motivation, weltweit führende Normen und Standardisierungen zu setzen und mit neuen Ideen voranzugehen. Insofern haben funktionierenden Normen und Standardisierung in der digitalen Welt, bei KI, aber auch die Fortentwicklung bestehender Normen eine große Bedeutung für die Zukunft. Für die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft sind Normen ausschlaggebend. Normen im Berichtswesen helfen Unternehmen ihre Bemühungen zu nachhaltigem Wirtschaften transparent und verständlich zu präsentieren. Gleichzeitig werden hierdurch Doppelbelastungen vermieden und mit Hilfe von Digitalisierung können notwendige Berichte vereinfacht und flexibilisiert werden.
Grundsätzlich ist Normung dann von Vorteil, wenn dadurch Rechtsunsicherheit abgebaut und eine einheitliche, vergleichbare Handhabung ermöglicht wird. Entscheidend ist aber, dass Normung nicht dazu führt, alles kleinteilig erfassen zu wollen und dadurch vorhandene Spielräume unnötig einzuengen.
Gute Politik reguliert, wo es die Sicherung des Allgemeinwohls erfordert, dreht zugleich aber auch unnötige Regulierung zurück. Dabei hilft die Vereinheitlichung der Regelungen und Standards verschiedener Ebenen der EU. Die Erfahrung zeigt, dass Standardisierung neue Märkte eröffnen und innovativen Technologien zum Durchbruch verhelfen kann - gerade in der Digitalpolitik liegt hier ein wesentlicher Schlüssel, zum Beispiel durch einheitliche Softwareschnittstellen. Das Erarbeiten neuer Standards muss demokratisch legitimiert und offen für die Zivilgesellschaft und KMU sein. Standards sollen frei verfügbar und gebührenfrei nutzbar sein. Die EU kann auch über die öffentliche Auftragsvergabe entscheidenden Beitrag dazu leisten, neue Standards am Markt durchzusetzen. Internationale und europäische Normung sind auch ein wichtiges Instrument für ein internationales „Level Playing Field“, beispielsweise in Form der Kernarbeitsnormen der ILO als Mindestanforderung für jedes neue Handelsabkommen.
Die FDP begrüßt die Schaffung internationaler Normen und Standards, da sie dazu beitragen, einheitliche Regelungen zu schaffen, die den globalen Handel und die Zusammenarbeiterleichtern. Als liberale Partei setzen wir uns für eine effiziente und transparente Normung ein. Unsere Prioritäten hinsichtlich der Entwicklung und Weiterentwicklung von Normen liegen darin, sicherzustellen, dass diese Standards praxisorientiert, wissenschaftlich fundiert und unter Einbeziehung relevanter Interessengruppen erarbeitet werden. Dabei streben wir nach einer ausgewogenen Regulierung, die Innovation fördert und gleichzeitig Verbraucherschutz und Umweltbelange berücksichtigt.
Normung spielt eine entscheidende Rolle bei der effizienten Abwicklung zusätzlichen Berichtswesens, indem sie klare Richtlinien für die Datenerhebung und -übermittlung festlegt. Einheitliche Standards ermöglichen es Unternehmen, ihre Berichterstattung zu standardisieren und gleichzeitig den administrativen Aufwand zu reduzieren. Dies trägt zur Vereinfachung von Geschäftsprozessen bei und fördert die Wettbewerbsfähigkeit auf internationaler Ebene. Die FDP setzt sich daher dafür ein, dass Normungsprozesse transparent, flexibel und offen für Innovation gestaltet werden, um den Bedürfnissen der Wirtschaft und der Gesellschaft gerecht zu werden.
Für Die Linke wichtig sind die zuverlässige, preiswerte und zügige Zustellung für Verbraucher*innen sowie gute Arbeitsbedingungen und Löhne für die Beschäftigten. Beides ist in Deutschland durch die Privatisierung der Post längst nicht mehr sichergestellt. Gebühren wurden deutlich erhöht, viele Sendungen kommen verspätet oder gar nicht beim Empfänger an. Beschäftigte bei Paketdiensten werden teilweise selbst um den Mindestlohn und soziale Absicherung betrogen. Wichtig ist uns deshalb die verpflichtende manipulationssichere elektronische Erfassung der Arbeitszeit. Tarifverträge müssen für allgemeinverbindlich erklärt werden, damit sie auch für beauftragte Subunternehmen und für entsandte Beschäftigte gelten. Wir setzen uns dafür ein, die Zustellung zu bündeln, um die Klimabelastung und den Verkehr in den Städten zu reduzieren.
Die ÖDP versteht die Normung als freiwilliges Instrument zur sachdienlichen Standardisierung von Gütern und Prozessen und insofern nicht als politische Frage. Daraus folgt im Umkehrschluss eine skeptische Haltung hinsichtlich mandatierten Normungsaufträgen der Kommission, die anschließend als rechtsverbindlich erklärt werden. Diese Praxis kommt einer Auslagerung der Gesetzgebungskompetenz an wirtschaftsdominierte Normungsgremien gleich.
Die ÖDP betrachtet Normung als zweckdienliches Mittel, um Güter und Prozesse zu standardisieren und damit Effizienzpotenziale zu erschließen. Normung kann zugleich von wirtschaftlich mächtigen Gruppen dazu genutzt werden, sich selbst Vorteile zu verschaffen. Sie kann sogar konkurrierende Produktgruppen vollständig vom Markt ausschließen. Die kann z.B. dadurch geschehen, dass Prozesse unnötig kompliziert gestaltet werden, so dass nur sehr große Unternehmen in der Lage sind, sie umzusetzen. Oder Grenzwerte werden so gewählt, dass bestimmte Produktgruppen ausgeschlossen werden, ohne dass dies dem Gemeinwohl dient. Beispiel: Vorschlag der Geflügelkäfighalter für einen extrem niedrigen Dioxin-Grenzwert in Eiern – da Dioxin mittlerweile fast überall ist, hätte dies das Aus für Freilandeier bedeutet. Aus diesem Grund muss Politik Normungen einen Rahmen geben, der die Sachdienlichkeit und den Nutzen für das Gemeinwohl gewährleistet. Kleinen und mittelständigen Unternehmen sind seitens der Politik Instrumente in die Hand zu geben, etwa kostenlos verfügbar gemachte Software, mit deren Hilfe neue Berichtspflichten effizient erfüllt werden können. Es sollte bei Berichtspflichten auch so weit wie möglich Daten zugrunde gelegt werden, die ein Unternehmen sowieso erhebt.
Frage 8
Wie kann die Wettbewerbsfähigkeit mittelständischer Unternehmen bei der Bewältigung von Herausforderungen aus dem Klimawandel gestärkt werden. Anders als Konzernunternehmen haben sie i.d.R. eine schlechtere Bonität und weniger Finanzmittel und Ressourcen für die anstehenden Investitionen.
Wir wollen eine aktive Wirtschaftspolitik, die massiv in klimaneutrale Zukunftstechnologien, in eine sichere Energieversorgung, Infrastruktur und Innovation investiert. Für die Transformation benötigen die Unternehmen Zugang zu Kapital. Denn diese müssen Produktion und Geschäftsmodelle klimaneutral umbauen und sich digitalisieren. Ein gemeinsamer Kapitalbinnenmarkt kann diese Investitionen fördern und die wettbewerbsfähige Finanzierung europäischer Unternehmen sicherstellen. Wir setzen uns dafür ein, die Vollendung der europäischen Kapitalmarktunion weitervoranzutreiben. Ein weiteres Element sind der Abbau bürokratischer Hindernisse und die Beschleunigung von Planungsprozessen. Langwierige Genehmigungsverfahren und umfangreiche Beihilfeprüfungen stellen aktuell Investitionshindernisse dar. Deshalb setzen wir uns für Vereinfachungen und Beschleunigung der Verfahren ein. Das ist wichtig, damit notwendige Investitionen auch zur rechten Zeit getätigt werden können.
Wichtig ist, nicht nur das Angebot an Anpassungsmaßnahmen zu erweitern, sondern auch dort zu entlasten, wo ebenfalls dringender Handlungsbedarf besteht, sei es beim Fachkräftemangel oder beim Bürokratieabbau.
Mittelständische Unternehmen und KMUs sind der Motor der deutschen und europäischen Wirtschaft, und essentiell für grüne Zukunftstechnologien in Europa. Wir werden deshalb die KMU-Tests verbessern und konsequent anwenden, mit denen die Auswirkungen von neuen Gesetzen auf KMU entsprechend dem „Think Small First“-Prinzip vorab überprüft und angepasst werden. Gleichzeitig versehen wir neue Regelungen und Förderprogramme mit gezielten Ausnahmen und Übergangsfristen für KMU, unterstützen bei der Umstellung und garantieren KMU-Teilhabe durch klare KMU-Quoten. Zuletzt ist auch die Digitalisierung der Verwaltung ein entscheidender Hebel, um Berichtspflichten für KMU zu vereinfachen. Es müssen zudem mehr Fachkräfte für KMU aus- und weitergebildet, gewonnen und gehalten werden. Wir fordern Weiterbildungsangebote, schnellen Zugang für Geflüchtete zum Arbeitsmarkt und die Ausweitung der EU-Blue-Card Initiative auf nichtakademische Berufe.
Wir Freie Demokraten wollen insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen von der Industrie über das Handwerk bis zum Handel auch in ländlichen Regionen Perspektiven schaffen. Voraussetzungen hierfür sind eine flächendeckend zukunftstaugliche digitale Infrastruktur, leistungsfähige Verkehrswege und ein starkes duales Bildungssystem. Damit die Unternehmen nicht durch Erbgänge oder eine Substanzbesteuerung gefährdet werden, lehnen wir eine Verschärfung der Erbschaftsteuer oder die Wiedereinführung der Vermögensteuer ab. Wir setzen uns dafür ein, dass KMU die Herausforderungen des Klimawandels erfolgreich bewältigen können. Insbesondere mit dem von uns vorangetriebenen Wachstumschancengesetz verbessern wir die Finanzierungsbedingungen für kleine und mittlere Unternehmen. Wir stärken die Liquiditätssituation der Unternehmen durch verbesserte Abschreibungsbedingungen und erweiterte Verlustverrechnungsmöglichkeiten. Das tun wir vorrangig mit der Wiedereinführung der degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter und indem wir das Verlustvortragsvolumen für die Jahre 2024 bis 2027 um 10 Prozentpunkte auf 70 Prozent des 1 Mio. Euro übersteigenden Betrags erhöhen. Speziell für kleine und mittlere Unternehmen heben wir die Sonderabschreibung von derzeit 20 Prozent auf 40 Prozent der Investitionskosten für bewegliche Wirtschaftsgüter an.
Die Linke setzt auf öffentliche Investitionen für eine soziale und ökologisch gerechte Wirtschaft. Unternehmen, die gute Arbeitsbedingungen schaffen, Tarifverträge einhalten, ausbilden und Arbeitsplätze sichern, sollen Subventionen und Investitionshilfen für eine CO2-freie Industrie bekommen können. Energieintensive Industriebetriebe erhalten Finanzhilfen für die Umrüstung auf eine CO2-arme Produktion in Höhe der Differenz der CO2-Vermeidungskosten und dem CO2-Zertifikatspreis. Die EU-Wettbewerbs- und Beihilferegelungen müssen geändert werden, so dass Ausnahmen zugelassen werden, wenn die Förderung den Zielen für eine nachhaltige Entwicklung dient oder einen wesentlichen Beitrag für den sozialen und ökologischen Umbau der Wirtschaft leistet. Bei öffentlichen Ausschreibungen, Beschaffungen und Subventionen wollen wir soziale und ökologische Kriterien stärken und lokale Anbieter bevorzugt berücksichtigen. Das spart Transportemissionen und stärkt die Unternehmen vor Ort.
Die ÖDP befürwortet die Gemeinwohlökonomie. Diese sieht unter anderem vor, den wirtschaftlichen Erfolg und somit auch die Bonität von Unternehmen nicht nur monetär zu messen, sondern mit ergänzenden Gemeinwohlbilanzen. Weiterhin steht die ÖDP für dezentrale Versorgungsstrukturen, für den Energiesektor haben wir dazu ein Konzept ausgearbeitet, das Energiegemeinschaften als tragende Säule der Energieversorgung hat. Bei diesen können Personen sowie kleine und mittelständige lokale Personenunternehmen Mitglied werden, nicht aber Kapitalgesellschaften, was den Mittelstand stärkt. Darüber hinaus sieht die ÖDP Fördermittel für die Forschung und Entwicklung in kleinen und mittelständischen Unternehmen vor.