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Verbändeanalyse und Handlungsempfehlungen zur Generalunternehmerhaftung in der Paketbranche
SPD und Bundesminister Hubertus Heil haben in den letzten Tagen Meldungen über die Situation von Paketzustellern in prekären Beschäftigungen aufgegriffen. Zollkontrollen bei Paketdiensten haben erneut Missstände in der Branche aufgezeigt. Mutmaßliche Verstöße gegen gesetzliche Regelungen wurden festgestellt. Momentane Haftungsregelungen scheinen nicht die gewünschten Wirkungen zu haben oder treffen die Falschen.
Die Branche leidet unter einem schlechten Image. Dadurch wird es immer schwieriger, qualifizierte und engagierte Arbeitnehmer/innen bzw. Unternehmer/innen zu finden. Dies verschärft die ohnehin schon vorhandenen Personalprobleme. Das Image droht nach und nach auch auf den E-Commerce abzufärben und das erfreuliche Wachstum der modernen Handelsbranche zu bremsen.
Der SPD Vorschlag zur Bekämpfung der Missstände bezieht sich auf die Haftung für Generalunternehmer. Sie sollen künftig verstärkt für Verstöße bei beauftragten Nachunternehmen in die Haftung genommen werden. Auch nach Meinung von Bundesverband der Kurier-Express-Post-Dienste e.V. (BdKEP) und Händlerbund e.V. müssen diese Missstände gelöst werden. „Allein die verschärfte Generalunternehmerhaftung wird jedoch die Situation nicht substanziell verbessern und den zukünftigen Herausforderungen im Markt nicht gerecht.“ so Andreas Schumann, Vorsitzender des BdKEP.
Schwarze Schafe und unzureichende Berufszugangsvoraussetzungen als Hauptursachen
Es lassen sich zwei Hauptursachen für die Missstände identifizieren. Einerseits gibt es wie in allen anderen Branchen auch hier “schwarze Schafe“ mit krimineller Energie. Sie handeln Kunden oder Wettbewerbern gegenüber unredlich, lassen Missbräuche zu und halten verbindliche Regeln und Vorschriften nicht ein.
Andererseits kommen offenbar immer wieder Unternehmer/innen zum Einsatz, welche nicht über die hinreichende persönliche Zuverlässigkeit, finanzielle Leistungsfähigkeit oder fachliche Eignung verfügen. Das führt beispielsweise zu fehlenden oder fehlerhaften Preiskalkulationen, fehlendem Wissen über gesetzliche Vorgaben und deren Umsetzung sowie Beschaffung von überteuerten Fahrzeugen und anderen Arbeitsmitteln. Das schon vorhandene Ungleichgewicht zwischen Generalunternehmern als Auftraggeber und Nachunternehmen verschiebt sich so noch weiter zu Ungunsten der Nachunternehmen. Verträge mit unauskömmlichen Erlösen oder überdurchschnittlich hohe Kosten in den Arbeitsabläufen sind Folgen. Ein Teufelskreislauf, der sich über kurz oder lang auch gegen die Beschäftigten richtet und Unternehmer/innen in eine ausweglose Lage führen kann, nicht selten auch in die Insolvenz.
Kombination von Eignungsprüfungen, erweiterten Haftungsregelungen und Kontrollen als Lösung
Aus Sicht der Verbände kommt man den „schwarzen Schafen“ der Branche nur mit wirksamen Kontrollen und schneller Rechtsdurchsetzung bei. Erweiterte Haftungsregelungen allein helfen hier nicht weiter.
Michael Mlynarczyk, BdKEP Experte für Elektromobilität und letzte Meile sowie Geschäftsführer des KEP-Unternehmens MMK-Frachtdienste GmbH dazu: „In den Fällen fehlender Eignung von Nachunternehmer/innen würden verbindliche Eignungsprüfungen zum Betreiben des Unternehmens helfen. Denn die Ausweitung der Generalunternehmerhaftung verschiebt lediglich den Kostenblock der Sozialkosten in Richtung der Auftraggeber, löst aber nicht das Grundproblem fehlender Eignungen bei Nachunternehmer/innen.“
Die Eignungsprüfung bedeutet ein Nachweis der persönlichen Zuverlässigkeit, finanziellen Leistungsfähigkeit und fachliche Qualifikation der Nachunternehmerinnen. Nachgewiesen werden können die Eignungen durch Prüfungen. Kriterien hat die Branche bereits erarbeitet. Im Fair KEP Kodex des BdKEP, in der Qualified Carrier Zertifizierung der DQS oder der entsprechenden Fachliteratur sind sie beispielsweise bereits formuliert und können in eine Ausbildungs- und Prüfungsordnung übertragen werden.
Sofern Paketdienste als Generalauftraggeber dann trotzdem noch Nachunternehmer/innen ohne Eignungsnachweis einsetzen, sollten die geplanten erweiterten Haftungsregelungen greifen. Als Paketdienste gelten dabei nicht nur traditionell etablierte Unternehmen sondern auch neue Marktteilnehmer, insbesondere Onlinehandelsplattformen wie Amazon.
Florian Seikel, Director Public Affairs & Verbandswesen beim Händlerbund e.V. dazu:
„Hier wird deutlich, dass die Umsetzungen der vorgeschlagenen Lösungen unmittelbare Auswirkungen auf die gesamte E-Commerce-Branche haben und nicht nur die Paketbranche betreffen.“
Level Playing Field für den zukünftigen Paketmarkt
Die aktuell vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales vorgeschlagene alleinige Ausweitung der Haftungsregelungen ist im Hinblick auf die bekannten Probleme im traditionellen Paketmarkt entstanden. Wie erläutert, greift der Vorschlag aber zu kurz. Das eindimensionale Konzept stellt keine zufriedenstellende Lösung für den zukünftigen Paketmarkt dar.
Aus Sicht der Verbände werden sich hier bisher nicht bekannte Szenarien bezüglich der Marktteilnehmer und Geschäftsmodelle etablieren. Dazu ist ein Level Playing Field, ein Fairness-Konzept bei dem alle Beteiligten nach den gleichen Regeln spielen, notwendig. Händlerbund und BdKEP halten eine variable, von den Unternehmen und Behörden skalierbare Mischung aus verbindlicher Eignungsprüfung, erweiterten Haftungsregelungen und Kontrollen für den richtigen Weg. So kann sich ein besonders auch für die Beschäftigten sozial verträglicher und vielfältiger Markt entwickeln.
Über den Händlerbund – das 360° E-Commerce Netzwerk
Seit der Gründung des Händlerbundes im Jahr 2008 liegt unser Fokus klar auf der Interessenvertretung und der rechtlichen Unterstützung im Online-Handel. Der E-Commerce ist in den letzten zehn Jahren allerdings viel komplexer geworden. So entstand aus den Bedürfnissen unserer Mitglieder ein neues Service-Netzwerk.
Innerhalb dieses Netzwerks ist die Interessenvertretung nach wie vor eine der zentralen Aufgaben des Verbands. Daher hat der Händlerbund z.B. Büros in Berlin und Brüssel und nimmt mit Stellungnahmen und Handlungsempfehlungen aktiv am politischen Geschehen teil. Unsere anderen Service-Partner haben sich darüber hinaus auf weitere vielfältige Bedürfnisse der E-Commerce-Branche eingestellt.
Über den BdKEP
Der Bundesverbandes der Kurier-Express-Post-Dienste e.V. (BdKEP) ist seit 1990 die Interessenvertretung mittelständischer Unternehmen der KEP Branche. Er versteht sich als Plattform zur Entwicklung neuer Lösungen für Lieferverkehre. Dazu bringt er traditionelle Unternehmen mit Entscheidern aus Verwaltung und Politik und neuen Marktteilnehmern zusammen. Der Verband arbeitet aktiv an der Umsetzung neuer Modelle für den Lieferverkehr.
Ansprechpartner:
Andreas Schumann – Vorsitzender
BdKEP
Bundesverband der Kurier-Express-Post-Dienste e.V.
Potsdamer Strasse 7 - Potsdamer Platz
10785 Berlin
Tel: +49 30 200 76 207
Florian Seikel - Director Public Affairs und Verbandswesen
Händlerbund e.V.
Potsdamer Straße 7 / Potsdamer Platz
10785 Berlin
Tel: +49 171 9401815
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